Die Ausstellung „Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne“ im Theatermuseum Wien wirft einmal mehr die Frage nach der anhaltenden Wirkung dieser Tanzrichtung auf. Überlegungen dazu erübrigen sich in bestimmten Fällen insofern, als einige nunmehr um die hundert Jahre alten Vertreterinnen noch immer aktiv sind. Dass die Damen – obwohl sie ihre künstlerische Heimat anderswo fanden – in engstem Bezug zu Wien stehen, ist ebenso festzuhalten, wie ihre offensichtliche künstlerische Verwandtschaft mit einem heute erfolgreichen jungen Mann – Hofesh Shechter.
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Das Wien der Nachkriegszeit zeigte kein Interesse daran, jene, die 1938 vertrieben worden waren, wieder nach Hause zu holen oder gar mit deren einstigen Positionen zu betrauen. Die Tatsache, dass einigen ExilantInnen – wie etwa Gertrud Bodenwieser (1890 Wien – 1959 Sydney) – das Glück zuteil wurde, in ihrer neuen Heimat – im Fall Bodenwieser Australien – nicht nur geachtet zu werden, sondern auch ihre Lehre als Basis für dortige Entwicklungen weitergeben zu können, lässt das Wiener Verhalten keineswegs vergessen.
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Am 10. November 2018 tanzt das Wiener Staatsballett erstmals die von Manuel Legris erstellte Fassung des 1876 an der Pariser Oper uraufgeführten Léo-Delibes-Balletts „Sylvia, oder Die Nymphe der Diana“. Seine der französischen Aufführungstradition verpflichtete Edition gewinnt durch die Aufwertung der Rolle der Diana zusätzlichen Reiz. Im Folgenden sei auf die Trägerin der Titelrolle der schon 1877 an der Hofoper stattgefundenen Wiener Erstaufführung von „Sylvia“ – Bertha Linda – eingegangen.
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Es ist nicht nur die furiose, vor 50 Jahren entstandene Volksopernproduktion „West Side Story“, die in Wien an das kongeniale Künstlerduo Jerome Robbins/Leonard Bernstein denken lässt. Auch ein diesen Herren – sie wären beide heuer 100 Jahre alt geworden – Nahestehender bringt sich in Erinnerung, da er überaus kompetent Betrachtungen sowohl über den Choreografen als auch den Komponisten wie Ballettdirigenten anstellte: Edwin Denby. Dieser hatte sein „Analysebesteck“ in den Zwanzigerjahren unweit von Wien, in der Schule Hellerau-Laxenburg erhalten!
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Roland Barthes, Rudolf Nurejew und La Berma. Die am 29. Juni 2018 ausgerichtete „Nurejew Gala“ des Wiener Staatsballetts gedenkt einmal mehr des Tänzers Rudolf Nurejew, der, wie nur wenige Persönlichkeiten der Theatergeschichte, weit über seine aktive Zeit hinaus im kollektiven Gedächtnis geblieben ist. Dass die Strahlkraft Nurejews bei einem bestimmten Mann des Geistes andere Assoziationen auslösen kann als bei Millionen anderen, beweisen jene Gedanken, die Roland Barthes nach dem Sehen einer Nurejew-Vorstellung festhielt.
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Die im Rahmen des Festivals „wean hean“ realisierte Produktion von Ödön von Horváths Bühnenerstling „Das Buch der Tänze“ war aus mehreren Gründen von Bedeutung. Die ausgewiesene „Pantomime“ führt in die Zeit der Wiener Moderne zurück, in der dieses Genre Literatur, Musik und Malerei in einem Werk vereinigte, um – wie Horváth 1926 formulierte – durch „tänzerische Darstellung zur Einheit angehoben“ zu werden. Am Beispiel der Produktion und aus Anlass des 80. Todestags des Autors am 1. Juni soll dem Interesse Horváths an Körperarbeit nachgegangen werden.
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Manuel Legris’ Absicht, seinen Vertrag als Direktor des Wiener Staatsballetts über 2020 hinaus nicht zu verlängern, wirft einmal mehr die Frage auf, wer denn in Wien über die Besetzung der Ballettdirektion zu entscheiden hat. Dieser Frage soll an Hand des 1930 erfolgten Engagements Bronislawa Nijinskas als Ballettmeisterin der Wiener Staatsoper nachgegangen werden. Ob die Tatsache, dass sie das Haus schon nach wenigen Wochen wieder verließ, mit den Entscheidungsträgern für den Posten oder mit den Arbeitsbedingungen zu tun hatte, ist heute nicht mehr festzustellen.
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Als Tänzer kann Marius Petipa – er war einer der letzten Partner der Fanny Elßler – als Link zu Wiens glänzender Ballettromantik gesehen werden, als Autor von „Ballettklassikern“ gibt er noch immer – auch in Wien – das klassische Standardrepertoire vor. Trotzdem kann von einer engen Beziehung zwischen ihm und Wien nicht die Rede sein, die von Petipa selbst zweimal umworbene Stadt war an ihm nicht interessiert. So wurde der Meister, dessen 200. Geburtstag man heuer weltweit feiert, der einzige große Choreograf des 19. Jahrhunderts, der nicht selbst in Wien arbeitete.
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Betrachtungen um die Frage, ob eine Stadt ihre Einwohner prägt, oder umgekehrt, der Charakter der Einwohner die Stadt, rücken verstärkt in einem Monat und in einem Jahr – März 2018 – in den Mittelpunkt des Interesses, in dem man noch intensiver jener gedenkt, die nach den Geschehnissen im März 1938 Wien verlassen mussten. Aus denjenigen unter ihnen, die Tänzerinnen oder Tänzer waren, hätte sich – wäre dem nicht die künstlerische Eigenwilligkeit und Eigenständigkeit der einzelnen Persönlichkeiten entgegengestanden – ein exquisites Tanzensemble von Facetten eines selbstbewussten „WienerInnentums“ bilden lassen.