Der Kameramann sei in einem Tanz-Film der zweite Tänzer, definiert Liz King, Tänzerin-Choreografin wie Valentina Moar, die meint, diese Kunst sei eine der „getanzten Kamera“. Was ein Tanz-Film sein kann, was er an kreativen wie rezeptiven Optionen bietet, das will Moar mit dem zum 4.Mal von ihr kuratierten Festival zeigen. Und es gelingt ihr im Rahmen dieser drei Tage anhand von mehr als 60 Filmen sehr eindringlich.
Aus über 700, beim open call eingereichten Filmen hat das ‚Team‘, bestehend aus ihr und Marco Schretter, die aus aller Welt, aus 22 Ländern kommenden und hier nun präsentierten Werke ausgewählt. Darunter einige preisgekrönte wie beispielsweise bei den Filmfestspielen in Cannes. Vier der Filme sind Uraufführungen, fünf Europapremieren; und dass es sich ausschließlich um Österreichpremieren handelt, ergibt sich aus der Tatsache, dass dieses Filmfestival das einzige seiner Art in Österreich ist.
Nicht wenige der Filme sind lediglich zwischen einer und zehn Minuten lang; die beiden längsten unter den vorgestellten dauerten jeweils 18 Minuten. Wie aussagekräftig sie in filmtechnischer, in ästhetischer, choreographisch-tänzerischer, poetischer oder thematischer Hinsicht sie sind, ist selbstverständlich davon unabhängig. Dass sie aber alle mindestens in einem dieser Bereiche in hoher Qualität entsprechen, kann als Resümee dieser außergewöhnlichen Bilderflut jedenfalls festgehalten werden. Dass im Fokus immer der künstlerische Ausdruck mit dem und durch den Körper stehe, ist Moar ebenso wichtig zu betonen wie ihr thematisches Augenmerk auf Sozialkritisches. Beispielhaft für Letzteres ist der mit Immigranten realisierte, italienische Streifen „I Have a Dream“ von Vito Alfarano oder „Zombies“ von Baloji aus der Republik Kongo. Gleichzeitig ist dieser eine der zahlreichen Arbeiten, in denen Körperausdruck, gesprochener Text und Bild einander wunderbar ergänzend harmonisieren. Dazu zählt auch in völlig anderer Form, nämlich als Art Animationsfilm, der beißend zeitkritische Film „The Big Race“ von John T. Williams (USA), der thematisch wiederum sich vergleichen lässt mit der alptraumartig realisierten, schrägen Auseinandersetzung mit Fragen der Überwachung im japanischen Film „itsy bitsy“ von Kusanagi Sisters.
Neben witzigen und anderen ebenso wenig oberflächlichen Animationsfilmen – angeführt sei dazu noch der deutsche Film „Love Me,Fear Me“ von Veronica Solomon – überzeugen und faszinieren aber auch rein grafische Experimente wie „Scope“ von Paulina Rutman aus Chile oder der aquarellartig verfremdete, poetische Kurzfilm von Elisa Talentino, „Dandelio“ aus Italien. Eine Arbeit, die als Cooperation mit dem Lago Film Fest gezeigt wurde; das heißt, dass etwa dieser Film von Festival zu Festival als Empfehlung zwecks internationaler Verbreitung guter Tanz-Filme weitergegeben wird.
Tatsache ist, dass – im Gegensatz zu Österreich - Beachtung und Anerkennung dieser vielschichtigen Kunstsparte im internationalen Bereich bereits seit Jahren gegeben sind. Wichtig für Österreich ist in diesem Zusammenhang also, dass zusätzlich zur Veranstaltung dieses Festivals Vernetzungsarbeit in der oben angedeuteten Form geleistet wird; ferner, dass durch Vergabe von Preisen zusätzliche Wertschätzung dieser künstlerischen Arbeit geschieht. Moar konnte als Jury neben der bereits genannten Liz King, Direktorin und künstlerische Leiterin des Choreographischen Zentrums Burgenland, Sebastian Höglinger (Festival Direktor der Diagonale) und Sarah Möller (Festivalleitung des Pool-Tanzfilmfestival Berlin) gewonnen werden.
Sie vergaben zum Abschluss des Festivals den Dance On Screen Award in der Kategorie 'Bester Film' an „Never Twenty One“ von Writer & Producer Racine mit dem Tänzer Smail Kanouté. Ein sozialkritischer wie tief emotionaler Film, der als Cross-over der eingesetzten Kunstmittelmittel von Tanz, Sprache und Text uneingeschränkt überzeugt. Sowie in der Kategorie ‚Preis der Jury‘ an „This Dance has no End“ von Fenia Kotsopoulon (GB). Eine die Genderproblematik in außerhalb gängiger Norm stehender Weise - und damit nicht unbedingt jeden erreichend - in einem Solo zart andeutend thematisiert.
Das Publikum, das an allen drei Tagen durchaus zahlreich vertreten war, entschied über den Gewinner des Audience Award und stimmte sehr klar für die Interpretation des ästhetisch überaus ansprechenden, kameratechnisch fein aufbereiteten, tänzerisch herausragenden Films um das inhaltlich brisante Thema der Homosexualität: „Intrinsic Moral Evil“ von Harm Weistra aus den Niederlanden.
Die Preisträger-Filme werden im Rahmen der Kooperationen auch in Griechenland und Italien präsentiert.
Dance on Screen am 15., 16., 17. November im Space 04 im Kunsthaus Graz