Hauptkategorie: Kritiken

kwuIn Anlehnung an die Londoner Proms (die Sommerkonzert-Serie in der Royal Albert Hall mit Top-Orchestern und günstigen Eintrittspreisen) verfolgt Ranko Markovic, Direktor der Konservatorium Wien Privatuniversität (KWU), nun bereits seit zwei Jahren mit "Kons goes Proms" die Idee, den Menschen in Wien Orchesterkonzerte in einer unkonventionellen Umgebung näherzubringen. Dieses Jahr ist ihm das in Zusammenarbeit mit dem Museumsquartier Wien gelungen, das seine Sommersaison mit einem Orchesterkonzert und einer Tanzaufführung mit Studierenden der KWU eröffnete.

 

Der Sommer im MQ hat sich in den letzten Jahren zu einer der beliebtesten Flanier- und Ruhemeilen der (vorwiegend jungen) WienerInnen bewährt. Mit dem Aufstellen von gemütlichen Knotzmöbel, in denen man allein oder zu mehrt genüßlich und ohne Konsumzwang stundenlang verweilen kann, ist vor einigen Jahren die Belebung  des vorher öd-kahlen Areals wie von selbst gelungen. Eine Reihe von Kulturveranstaltungen der im MQ angesiedelten Institutionen ergänzt den informelle Bonus. Das MQ ist lebendig geworden.

Auch zur Eröffnung kamen die Menschen in Scharen zu einem durchaus anspruchsvollen Programm. Die junge, spanische Dirigentin Virginia Martinez leitet das Sinfonieorchester der KWU in der Halle E. Das Konzert wurde per Video auf die Wand des Leopold Museums übertragen - in ausgezeichneter Bild- und Tonqualität. Sehr einfühlsam und animiert spielte das Orchester Modest Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung" und schuf damit im MQ-Hof eine animierte, heitere Stimmung.

Danach kam mit der "offiziellen" Eröffnung der absolute Tiefpunkt des Abends, vor allem aufgrund der ModeratorInnen, die weder akustisch noch optisch in das Ambiente passte und ihre Moderationen großteils ohne Verständnis der Materie von Zetteln ablasen. Wo bitte war da die Gesamtregie? Unverständlich, wenn man den Auwand bedenkt, den die Installation der Bühne samt zugehöriger Technik verursachte. Sobald MQ-Direktor Wolfgang Waldner, Kulturstadtrat Mailath-Pokorny, Ranko Markovic und Christine Marek, Staatssekretärin für Wirtschaft, Familie und Jugend, ihre Statements abegegeben hatten, konnten die KünsterInnen das Programm wieder auf eine professionelle Ebene heben.

Darrel Toulon, Ballettchef und Choreoraf an den Theatern Graz, hat für den Anlass mit etwa 30 TanzstudentInnen der KWU eine Choreografie zu John Adams "The Dharma at Big Sur" einstudiert. Im ersten Teil nutzte Toulon vor allem das Planschbecken im Hof des MQ, in dem die TänzerInnen im Wasser tanzten. Über dem Becken war eine Bühne terrassenförmig aufgebaut, die im zweiten Teil genutzt wurde. Die Choreografie orientierte sich an der Musik und wurde durch Videoprojektionen von Herwig Baumgartner - einem cleveren Zusammenschnitt auf Nahaufnahmen der TänzerInnen, vorgefertigten Clips und Orchestereinspielungen (vor allen mit der Solistin Kristina Suklas an der E-Violine) - ergänzt.

Natürlich ist ein solches Freiluftspektakel nicht dazu angetan, sich dem künstlerischen Genuss hinzugeben. Vielmehr muss die Kunst in diesem Ambiente sich gegen das reale Stadtbild (wenn auch ohne Verkehrslärm, so doch mit dem ganz normalen Sozialgeräuschen menschlicher Ansammlungen) behaupten. Umso erstaunlicher also, dass das Tanzstück die Aufmerksamkeit der Menschen im Hof des Museumsquartier zu bannen verstand. Eine große Menschenmenge hatte sich vor der Bühne versammelt und verfolgte aufmerksam das Bühnengeschehen. 

Ein eindrucksvoller Beweis, dass auch bei Outdoor-Events durchaus leise Töne und poetische Bilder funktionieren und dass es nicht immer lautes, schrilles Showbiz sein muss.

Sommer im MQ Opening, 29. April 2010 im MQ Haupthof