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rabtaldirndlNach zwanzig Jahren gemeinsamer Arbeit wollten die Rabtaldirndln ihre Biografie veröffentlichen, aber Plagiatsvorwürfe verhinderten, dass das Werk in Druck gehen konnte. So wurde aus einer geplanten Lesung im Brut eine Arbeit, in der die fünf Frauen wichtige Kapitel ihres Leben beherzt darstellen – mit einzigartigem Charme, dem manch Angehänger ländlicher Idylle vielleicht „Hantigkeit“ unterstellen würde.

So oder auch anders wird es vielleicht sein, denn so genau nehmen es die Dirndln nicht mit der Wahrheit. „Ist denn das wichtig, ob wir erlebt haben was wir erzählen“, fragen die Schenkenbesitzerinnen aus dem imaginären Rabtal (sic!). Denn jeder hat doch seine eigene Geschichte, meinen sie: Servus TV hat seine Geschichte, die Kleine Zeitung eine andere. Sie wollen „eine oral History von unten“ erzählen. Dazu räubern sie auch eifrig in der Geschichte. Zum Beispiel bei Goethe: „Nun hebt sich der Schenkel, nun wackelt das Bein, Gebärden da gibt es, vertrackte“ – wunderbar getanzt von den fünf „Totgesagten, die länger leben“.

Den Ursprung fand das Kollektiv als „die Gitti dem Hermann ins Gesicht geschossen hat und dafür ins Gefängnis gegangen ist.“ Weil er „das Grafl“ im Bügelzimmer nicht als ihre „Arbeit“ gewürdigt hat. So etwas schweißt zusammen. Seither wird ein Ursprungsritual gepflegt, ein Dirndl zieht immer den Schwarzen Peter und muss den Hermann spielen. Sie sind ja flexibel in der Rollenverteilung. Deswegen hat ihnen Alice Schwarzer eine Würdigung ins Gästebuch geschrieben. Genau wie der Bernhard Thomas (sic!).

Das mit der „Arbeit“ scheint so ein wunder Punkt zu sein: Es herrscht der Glaube, dass Arbeit, die Spaß macht,  keine Arbeit mehr ist. Eine Betroffene berichtet, dass man sich rechtfertigen muss, wenn man in den Wald zum Arbeiten geht, denn alle meinen: „Die geht schon wieder spazieren.“ Für die Dirndln ist jeder Tag ein Feiertag, und das kann ganz schön anstrengend sein, auch wenn es Spaß macht!

Aber die Dirndln geben ehrlich zu: „Wenn man sich für ein Leben als Rabtaldirndl entscheidet, braucht man kein Mitleid“. Es ist also eine Art Berufung, bei der man das Nützliche mit dem Lustigen verbindet. So zum Beispiel haben sie bei ihrem ersten revolutionären Akt einen Kampf gegen das Tetrapack gefochten, oder dann eine rituelle String-Tanga-Verbrennung veranstaltet und man darf nicht vergessen: die Zeit, die sie in Eheberatungen gesteckt haben. (Die, auf die sie stolz sind, haben in einer Scheidung gemündet.) Später haben sie dann das Projekt „Change“ ins Leben gerufen: Sie wollten den Männern helfen sich zu verändern. Das war leider keines von den erfolgreichen Projekten.

Kleine Meinungsverschiedenheiten gibt es schon manchmal. Das eine oder andere Dirndl entscheidet sich dann auch, frei nach Josef Pröll, „nicht gegen das Rabtal, sondern für seine Gesundheit“, kritisiert vor seinem Abgang dann noch Stillstand, Opportunismus und Populismus und scheidet aus dem Kollektiv aus. Denn: „Nix halt ewig, jeder Pelz wird einmal schäbig.“ Aber soweit ist es ja noch nicht mit den Rabtaldirndln, die die Volkskultur hoffentlich noch weiter in die Welt hinaustragen.

Rabtaldirndln "Berge versetzten" am 19. April 2012 im Brut Wien