Hauptkategorie: Kritiken

nussknultimoPremiere zum Abschied. Nach Zehn Aufführungen ist für diese Saison Schluss mit der Weihnachtsgeschichte. Mit einer neuen Paarzusammensetzung war auch der letzte „Nussknacker“ in der schwierigen Choreografie von Rudolf Nurejew ein magisches Erlebnis. Denys Cherevychko und Kiyoka Hashimoto traten als Drosselmeyer / Der Prinz und Clara zum ersten Mal gemeinsam auf und machten recht gute Figur.

Jetzt, da vor allem das Corps de Ballet seine großen und die vielen SolistInnen ihre kleinen Auftritte mühelos bewältigen, ist es keine Frage, dass „Der Nussknacker“ in der prächtigen Ausstattung von Nicholas Georgiadis auch in der nächsten Saison für bis zum letzten Sperrsitz ausverkaufte Vorstellungen sorgen wird. So kam denn auch keine Abschiedsstimmung auf, als Denys Cherevychko und Kiyoka Hashimoto die letzte Vorstellung in der heurigen Serie (zum ersten Mal gemeinsam) tanzten. Hashimoto ist eine bezaubernde Marie – im ersten Akt anmutig und leichtfüßig, ohne neckische Geziertheit; im zweiten entspannt und sicher, locker und souverän als Partnerin des Prinzen. Dieser ist Denys Cherevychko nicht unbedingt auf den Leib geschrieben. So scheint der junge Solotänzer sich auch wohler zu fühlen, wenn er allein auf der Bühne ist, ohne Verantwortung für die Partnerin. Hashimoto lässt sich davon nicht irritieren, begeistert durch Technik und Anmut, ob sie sich aufgeregt und ängstlich gegen das (immer wieder beeindruckende) Rattenheer wehr, sich wie eine Puppe von den geträumten Fledermäusen schubsen lässt oder freudvoll  in des Prinzen Arme springt.

Eine Freude ist Davide Dato, sowohl als Claras Bruder Fritz, ein übermütiger Bube, den Schalk im Nacken, als auch als feuriger Spanier im Bolero mit Emilia Baranowicz. In Erinnerung bleibt auch Alena Klochkova als Solo-Schneeflocke, elegant mit weichem Port de bras, ist ihr keinerlei Anstrengung anzumerken. Ihr Pendant ist, wie in so vielen Vorstellungen davor, Prisca Zeisel. Die junge Ballerina ist nicht immer in der gleichen Form, oft verkrampft und angestrengt, doch mit stupender Technik. Die Illusion einer Schneeflocke bringt allerdings die zierliche Reina Sawei in spritziger Anmut am besten zur Geltung. Ihre flockige Leichtigkeit hebt der Kontrast zur recht großen Prisca Zeisel, mit der sie in der 9. Vorstellung aufgetreten ist, besonders deutlich hervor.

Über die auch in der letzten Vorstellung unermüdlichen und disziplinierten Trommelbuben, Puppenmädchen, kleinen Kavalleristen und die herrlich gruseligen Ratten (Studierende aller Altersstufen der Ballettschule der Wiener Staatsoper) gab es  seit der Premiere im Oktober nur das Beste zu berichten,  ebenso wie Dirigent Paul Connelly immer von Neuem mit warmen Sonderapplaus  vor den Vorhang gerufen wird.

Rudolf Nurejew und Georgiadis versetzen das Publikum direkt ins russische 19. Jahrhundert und lassen die schnöde Welt von heute bewusst draußen vor der Tür. Der Tanz der Schneeflocken in ihren silbrig funkelnden Kostümen unter den rieselenden Flocken ist ebenso poetisch und ohne den üblichen kindischen Kitsch wie der komplizierte Walzer der ganz in Gold strahlenden Ballgäste. Die Schwierigkeiten der nurejewschen Choreografie und die Magie der Ausstattung – der Kleine Nussknacker, ganz in Weiß auf seinem weißen Ross (hauptsächlich von Trevor Hayden dargestellt) ist zum Abbusseln –, nicht zu vergessen die Musik Peter Tschaikowskys machen diesen „Nussknacker“ zu einem Erlebnis für alle Altersstufen.

Der Nussknacker, Ballett von Rudolf Nurejew (Musik Peter Tschaikowsky), letzte Vorstellung dieser Saison am 28. Dezember 2012, Wiener Staatsoper.