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heldenherrediaFifoo, eine 2012 gegründete Plattform für junge TänzerInnen und ChoreografInnen, organisierte zum zweiten Mal ein kleines Festival im Wiener Palais Kabelwerk. In einem gemischten Programm zeigten die KünstlerInnen, woran sie arbeiten und was sie bewegt. Zwei Solos und zwei Company-Darbietungen ergaben einen recht unterschiedlichen aber interessanten Abend.

Zu Beginn probierte die künstlerische Leiterin von fifoo, Kanako Sako, sich der Titelfigur von Haruki Murakamis Roman „ Naokos Lächeln“ zu nähern. In der extrem kurzen Sequenz, im dunklen Raum (diese Naoko ist sehr schüchtern), konnte man zwar die Person nicht wirklich erfassen, doch macht dieser kurze Einblick in ein erst in der Entwicklung befindliches Solo entschieden Lust die ganze Geschichte zu sehen. Kanako Sako gesteht, dass sie erst zwei Tage vor der Premiere an das Projekt heran gegangen ist und einfach die Chance, auf der großen Bühne in der etwas kühlen Halle des Palais’ Kabelwerk aufzutreten, genützt hat.

Zwei Mal jährlich will fifoo (neben Kanako Sako ist Maiko Sakurai Karner als Projektmanagerin im Führungsteam) die Präsentationsmöglichkeit nützen und junge KünstlerInnen einladen. „Naoko“ (Arbeitstitel: „watanabekun“) wird dann hoffentlich voll entfaltet dabei sein.

Das zweite Solo zeigte die junge türkischstämmige Performerin Ceren Oran. Sie beschäftigte sich mit der Immigrationsbewegung und versucht sie mit getrockneten Bohnen zu illustrieren. So ganz ohne Dramaturgie oder Coaching ist es aber für eine junge Künstlerin schwer mehr als ein Puzzle von Einfällen zu zeigen.

Jung sind nur die TänzerInnen des 4. Jahrgangs der Abteilung Zeitgenössischer und klassischer Tanz am Konservatorium Wien, Privatuniversität. Die Choreografin ist durchaus eine erfahrene, ja renommierte Tänzerin und Choreografin. Esther Balfe hat unter anderem im Tanz Theater Wien von Liz King getanzt und war auch Mitglied der Forsythe Company. Jetzt unterrichtet sie als Gastdozentin am Konservatorium, Privatuniversität. Was sie aus ihren Schülerinnen heraus holen kann, konnte man schon bei den kürzlich abgehaltenen Ballet Days im Odeon bewundern und auch im Kabelwerk wieder sehen. Balfe erarbeitete mit ihren Schülerinnen und Schülern ein Studie über Forsythes Duo „Woolfe Phrase“. Forsythe hat sich vom Sprachduktus Virginia Woolfes nicht für einen Pas de deux inspirieren lassen, sondern diesen später als Prolog verwendet, um 2001 seine Company über die Bühne toben zu lassen. Balfe hat mit ihren Studentinnen am Duo gearbeitet, dieses jedoch ausgedehnt, sodass sich die Gruppe (vier Damen, zwei Herren) nicht nur mit den Sprachfetzen aus Woolfes Roman „Mrs. Dalloway“ vor den Mikrofonen abwechseln durfte, sondern im Schwung, gegen Raum und Zeit antanzend, die Bühne (und das Publikum) eroberten. „Insight“ beginnt mit einem kurzen Solo und wird von Minute zu Minute dichter, die Tänzerinnen geben sich ganz der Musik (Originaltöne von Thom Williems) und dem skandiert oder fließend gesprochenen Textfluss Woolfes hin.

Auch Gisela Elisa Heredia darf sich nicht mehr zu den Newcomerinnen zählen. Seit 2009 leitet sie das Festival Tanz Tag Wien, zu dessen Gründerteam sie auch zählt. Inzwischen ist der Tanz Tag Wien (immer rund um den von der UNESCO angeregten Welttanztag am 29. April veranstaltet) zu einer von KünstlerInnen und Publikum geschätzten Veranstaltung geworden. Mit drei Tänzerinnen und eine Miniaturheroine aus dem Tanzkindergarten hat sie ein Stück über Helden und solche die es werden wollen, solche die es nicht mehr sein wollen und solche, die nicht als Helden zu erkennen sind, oder solche die sich als Helden feiern lassen, ohne welche zu sein, erarbeitet. Raumgreifend und schwungvolle, barfuß und in festen Stiefeln, mit präzisen Bewegungen in einer mitunter humorvollen Choreografie erobern die Heldinnen die Bühne, die die Welt ist. Doch die Choreografin und ihre Tänzerinnen finden kein Ende und haben auch keine stringente Dramaturgie geschaffen, sodass sich Anekdote an Anekdote reiht und einige großartigen Countdowns zu sehen sind (etwa wenn die Heroen von der Miniatur mit der Wasserpistole erledigt werden), aber kein fulminanter Schluss. Durch die vielen Einfälle zerflattert das Stück in Einzelteile, die sich nur schwer  zusammen setzen lassen und das im Lauf der Szenen ermüdend wirken. Am Ende weiß ich nicht mehr, worum es eigentlich geht. Der Stücktitel sagt es: „I wanna be a supernatural Rocket“.

Und das waren schließlich alle TeilnehmerInnen dieses engagierten Festivals, mehr oder weniger.

„fiffoo.program, das zweite“, 7. Juni 2013, Palais Kabelwerk.