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cousins1 Thema - 2 Stücke - 3 Choreographen: Dies bewirkte am Sonntag auf der bis auf den letzten Platz besetzten Studiobühne des Grazer Opernhauses ein spür- und hörbar begeistertes Publikum; nicht zuletzt zurückzuführen auf eine Kompanie, auf die Tanzkompanie der Oper Graz, die an diesem Premierenabend mit dem übergeordneten Titel „Chat Rooms“ ganz besonders überzeugte, brillierte.

Groß war die Spannung auf das, was James Cousins, der seit der letztjährigen internationalen Tanzgala den Grazern in bester Erinnerung ist, diesmal präsentieren würde; hoch die Erwartungshaltung durch das Wissen um seine internationalen Erfolge als Tänzer und Choreograph auf der Bühne und in Filmen so wie beim „New Adventures Choreographer Awards“, wo er als Preisträger gefeiert wurde. Und er enttäuschte wahrlich nicht: Seine Interpretation des General-Themas unter dem Titel „Photographs and Souvenir“ ließ den Zuseher in einer Bilderwelt lustwandeln, die emotional wie intellektuell packte und vom ersten Augenblick an gleichermaßen leichtfüßig wie tief verwurzelt trug und berührte: Eingeschlossen in einer vernetzten Welt - metaphernreich und funktionell das Bühnenbild von Vibeke Andersen, das gemeinsam mit dem klug und klar gesetzten sowie atmosphärisch malenden Licht von Severin Mahrer der Choreographie eine weitere stimmige Struktur gibt – entwickelt sich respektive entwickelt sich nicht die ersehnte, reale Kommunikation: Intensiv nachvollziehbar sind die zahllosen Bewegungen ins Leere, ist die energiegeladene Ersatzhandlung, entfaltet sich die Aggressivität der Unerfülltheit, ist das resignierte Warten. All dies in choreographischen Tableaus von Soli und Duos sowie pas de trois; für sich allein oder aber im Kontrast zur immer wieder einmal synchron agierenden Gruppe, einer Ansammlung Getriebener, Suchender im Jetzt und in der Erinnerung. Die speziell für diesen Abend von Seymor Milton komponierte Musik durchzieht als weitere Ebene mitreißend dieses Gesamtkunstwerk.chatrooms

Groß war auch die Vorfreude auf die Möglichkeit, eine weitere Arbeit des ebenfalls international sehr erfolgreichen und mehrfach preisgekrönten slowenischen Künstlerpaares Rosana Hribar und Gregor Lustek in Graz erleben zu können: Und auch sie nahmen das Publikum ausnahmslos fest bei der Hand, um mit diesem durch ihr „Chat Rooms 2“ zu wirbeln; in völlig anderen Rhythmen, aber mit gleichermaßen starker Dynamik. Angesiedelt um mehrfach verschlungene rote Fäden, um die des Denkers und Außenseiters, des sehnsüchtig „platonisch“ Suchenden/‘Begehrenden – überaus feinsinnig interpretiert von Bostjan Ivanjsic; um die Fäden der Eventkultur von Heute, des Immer-noch- Mehr; und schließlich um die einer grotesken Komik. All dies eingeflochten in sinnentleertes (sprachliches) Agieren. Da ist Action, die mitreißt – und da ist das stete Aneinander-Vorbei(reden); da ist Haltlosigkeit, die tief fallen lässt, um sofort wieder und immer wieder von neuem irgendetwas zu tun.

Auch diese Interpretation des thematisierten Zeitphänomens greift tief. Sie wirkt mit ihrer Lebendigkeit, und ist begreifbar, wie es zeitgenössischem Tanz bei weitem nicht immer gelingt.

Dass der scharfe Kontrast zwischen den beiden gezeigten Choreographien überdies wieder einmal die Bandbreite heutigen Tanzes vorführt sei noch angeführt – jeder der beiden Programmpunkte des Abends steht freilich felsenfest für sich allein.

Tanzkompanie der Oper Graz, „Chat Rooms“ am 18. Mai 2014, Studiobühne der Oper Graz. Weitere Vorstellungen: 20., 22., 23., 24., 25. Mai 2014