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romeo yakovlevaTriumpf für Maria Yakovleva, Sonderapplaus für Denys Cherevychko, Vorhänge für Robert Gabdullin und den Dirigenten, Markus Lehtinen. Eine perfekte Vorstellung an der auch das Corps de Ballett wesentlichen Anteil hat. Sogar die Lilienmädchen konnten begeistern, statt wie so oft zum Lachen zu reizen.

Urbild einer Julia: Maria Yakovleva, nach einer langen Verletzungspause endlich wieder auf der Spitze zu sehen, ist die Julia an sich. Verspielt und locker als Teenager, Knall und Fall verliebt nach dem ersten Blick auf den jungen Fremdling. Das Glück währt nicht lange, bald ist das fröhliche Tändeln und Julia hat nur noch Angst. Angst vor dem Verlassen werden, Angst vor der Hochzeit mit einem ungeliebten Mann (Andrey Teterin als Graf Paris, sehr manierlich und lebendig), Angst vor dem Gift im Fläschchen. Das Liebesglück taucht nur noch als Wetterleuchten im Gesicht der Ballerina auf. Dieser zuliebe, der Ersten Solistin Maria Yakovleva möchte man gerne auf den doppelten Tod verzichten. Dieses entzückende, zerbrechliche Wesen sollte weiter leben dürfen.

Robert Gabdullin als Romeo ist ein würdiger Partner, übermütig mit den Kameraden, zornig und entschlossen, als sein Freund Mercutio tot auf dem Marktplatz liegt. Ein wunderbarer Partner der Tänzerin, die er mit dem kleinen Finger zu heben scheint und präzise in der Beinarbeit. Dass die Eltern Capulet (Thoma Mayerhofer, Dagmar Kronberger) nicht sehen, welch schönes Paar sich hier gefunden hat!

Liebling des Stehplatzes und mit Hochrufen bedankt ist Denys Cherevychko als Mercutio. Temperamentvoll und fröhlich scheint er ganz in seinem Element zu sein. Anstrengungslos springt und dreht er und reißt auch seinen Compagnon Benvolio (Marcin Dempc) mit. Ein gut eingespieltes Paar. Einsam und starr in seiner Aggressivität und seinem unversöhnlichen Hass: Kirill Kourlaev als Tybalt. Ein wenig mehr Menschlichkeit könnte diesem schwarzen Mann nicht schaden. romeo yakovleva gabdullin

Temperament und Präzision. Das bunte Volk auf dem Marktplatz wird von den drei Zigeunerinnen (Alice Firenze, Rafaella Sant’Anna und neu dazu gekommen: Ioanna Avraam) dominiert. Schnell wechseln sie von strahlender Lebensfreude in liebevolles Mitleiden und gleich wieder zurück. Ryan Booth debütiert als Anführer der Faschingstänzer. Mit Dumitru Taran, und Maria Alati tanzen und turnen, purzeln und springen als Debütantinnen in der publikumswirksamen Rolle Natasha Mair und Trevor Hayden.
Auch bei den Lilienmädchen – noch einmal sei es gesagt: geordnet, ernsthaft, exakt: endlich ist zu sehen, was der Choreograf John Cranko, gewollt hat: hier geht es um eine alte Tradition – erfreut frisches Blut: Natascha Mair, Anita Manolova, Nina Tonoli und Prisca Zeisel muntern auch die routinierten Damen Maria Alati, Eszter Ledán, Andrea Németová und Laura Nistor auf.

Mit sicherer Hand leitet Markus Lehtinen das Staatsopernorchester, den gesamten Apparat sinnenfroh zum Tanz aufspielen, unheimlich klopft immer wieder der Tod an, bis die Streicher schluchzen und jammern und die Totenglocke läutet.  Möglicherweise hätten auch die Damen und Herren Billeteure gern ein solches Glöcklein gehabt, um das begeisterte Publikum, das die ProtagonistInnen immer wieder vor den Vorhang ruft, hinaus zu komplimentieren. Nicht nur die BallettomanInnen auf dem Stehplatz konnten ihre Begeisterung nicht bremsen, auch die Gäste aus fremden Landen haben diesen Abend als Erlebnis genossen.

„Romeo und Julia“, Ballett in drei Akten nach William Shakespeare, Choreografie und Regie: John Cranko, Ausstattung: Jürgen Rose, Musik: Sergej Prokofjew. Premiere einer Serie von 6 Vorstellungen am 1. November 2014. Wiener Staatsoper.
Die nächste Vorstellung mit Nina Poláková (Julia), Roman Lazik (Romeo), Davide Dato (Mercutio), Dumitru Taran (Benvolio) und Vladimir Shishov (Tybalt) ist am Montag, 3. November 2014.