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schneeflockenIn der ersten „Nussknacker“-Vorstellung dieser Saison an der Wiener Staatsoper lief wenig rund. Dabei traten auch die Schwächen von Rudolf Nurejews Version des Klassikers besonders deutlich zu Tage.

Es war kein Rollendebut, doch an diesem Abend wurde man den Eindruck nicht los, dass Kyoka Hashimoto die Geschichte, die sie als Clara darstellen soll, nicht kennt. Bereits zu Beginn versteht man nicht, was ihren besonderen Charme ausmacht, warum Dorsselmeyer sie gegenüber ihrer Schwester Luisa (Ionna Avraam) und ihrem Bruder Fritz (Davide Dato) vorzieht. Wenn sie später in den Schlaf sinkt und von Alpträumen geplagt wird, dann ist von Furcht keine Rede. Eher sieht es so aus, als ob die Tänzerin sich krampfhaft erinnern muss, wo sie sich als nächstes hinretten muss (auf den Stuhl springen, auf das Sofa, auf den Tisch?) Halbherzig sind ihre Abwehrversuche, pflichtbewusst, aber kraftlos wirft sie die Weihnachtspäckchen nach den Ratten. Wenn sie im zweiten Akt von den Fledermäusen aka ihrer Familie auf unheimliche Weise heimgesucht wird, dann spielt sogar ein seliges Lächeln um ihre Lippen.

Wahrscheinlich wurde zu wenig geprobt. Denn auch die Kinder, die sonst in jeder Vorstellung die Herzen erreichten, waren an diesem Abend ziemlich daneben. Zwar haben sie brav im Takt ihre Schritte gemacht, aber Tanz wurde daraus keiner. Denn ganz nervös warteten sie nach jeder Bewegung darauf, dass sie endlich die nächste setzen durften. Ob sie nun als Kinder, als Ratten oder als Soldaten ihren Auftritt hatten, sie waren hölzern und scheinbar ohne Verständnis für ihre Rolle unterwegs.

Auch Robert Gabdullin war scheinbar indisponiert. Unsicher in seinen Solovariationen, hatte er auch Mühe bei den Hebungen (bei denen er sich mehrmals im Tutu seiner Partnerin zu verheddern drohte). Hashimoto hingegen war im Grand Pas de deux mit ihrer technischen Stärke wieder ganz zu Hause – aber Ausstrahlung sieht anders aus.

Positiv stachen an diesem Abend der Schneeflockenwalzer (leider nicht mehr der Blumenwalzer, bei dem vor allem die Herren immer wieder ins Schleudern gerieten) sowie Eno Peci und Alice Firenze als Paar im Arabischen Tanz hervor.

Bei dieser schwachen Performance springen die Schwächen in Nurejews Inszenierung noch mehr ins Auge. Die tiefenpsychologische Deutung von Claras Traum (die Familienmitglieder als Fledermäuse, die an Clara bedrohlich herumzerren) bleibt als einsamer Gag stehen. Die Doppelrolle von Drosselmeyer und Traumprinz erschöpft sich in belanglosen Tänzen. Viel Pantomime im ersten Akt, während im zweite die Charaktertänze weder glamourös noch spannend sind - an diesem Abend wurden sie zwar sauber, aber großteils uninspiriert getanzt. Und die Kostüme einfach sind altmodisch. Die Schneeflocken würden mit ihren silbernen Harnischen mit Helmen besser in ein Ritterspiel passen, im Blumenwalzer reizen die Perücken der Damen mit ihrem neckischen Schopf unfreiwillig zum Lachen. Eben ein Ballett aus den Jahr 1967 – man sieht ihm das Alter an.

Der Hochgenuss kam aus dem Orchestergraben, wo das  Orchester der Wiener Staatsoper unter der Leitung von Paul Connelly Tschaikowskis großartigen Melodienreigen himmlisch musizierte.

Wiener Staatsballett: „Der Nussknacker“ am 19. Dezember an der Wiener Staatsoper. Weitere Vorstellung in dieser Besetzung am 22. Dezember, in alternierenden Besetzungen am 26. Dezember 2014 sowie am 6. und 9. Jänner 2015.

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