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nunezschwanGasttänzerInnen bringen Abwechslung in den Repertoirebetrieb und geben im besten Fall auch Einblick in die Aufführungspraxis an anderen Häusern, so auch Marianela Nuñez*, Principal Dancer des Royal Ballet. Ihr Partner Stéphane Bullion, Étoile an der Pariser Oper, konnte hingegen nicht überzeugen. Daher wurde die „Schwanensee“-Aufführung am 2. März nicht zu dem fulminanten Ereignis, das man sich angesichts der hochkarätigen Besetzung erwartet hätte.

Staatsopern-Debütantin Marianela Nuñez war hier schon einmal für "Schwanensee" gecastet gewesen. Denn nach ihrer Ausbildung und ihrem Engagement am Teatro Colón in Buenos Aires kam sie an die Ballettschule der Österreichischen Bundestheater und sollte das Corps de ballet verstärken  – doch dann kam die Zusage für ein Studium an der Royal Ballet School. Seither hat die aus Argentinien stammende Ballerina in London eine steile Karriere gemacht. 2002 wurde die damals 20-jährige Prinicipal Dancer des Royal Ballet.

Nun gab Marianela Nuñez in Wien mit ihrer Phrasierung der Rolle der Odette einen eigenwilligen Dreh. Siegfried ist für sie zwar die letzte Chance auf Rettung aus ihrem verhexten Schwanenzustand. Seine Liebesschwüre sind ihr Mittel zum Zweck, die sie eher verhalten annimmt. Wie wir wissen, hat sie mit ihrer Skepsis Recht. Denn als böse Odile, Rotbarts Tochter, bezirzt die Nuñez den jungen Mann nach allen Regeln der Kunst – etwa mit multiplen Fouettés en tournant  – bis sie ganz sicher ist, dass er ihrem Charme erlegen ist und seinen Treuschwur an Odette brechen wird. Nuñez glänzt technisch und darstellerisch, auch wenn sie als verzauberte Prinzessin kein Mitleid erregen will. Und ihre Leistung wurde vom Wiener Publikum zurecht stürmisch gefeiert.

Enttäuschend hingegen Stéphane Bullion trotz seiner eleganten Erscheinung. Zugegeben, er sprang relativ kurzfristig für den erkrankten Vladimir Shishov ein. Doch dass er tänzerisch nicht überzeugen konnte, lag nicht daran, dass er einige Stellen der Nurejw’schen Wiener „Schwanensee“-Fassung zum ersten Mal zu tanzen hatte. Er gab einen müden Siegfried ohne Ausstrahlung. Einzig beim Auftritt von Odile blitzte kurz so etwas wie Feuer auf.

Darüber sollen aber die Leistungen des Wiener Staatsballetts nicht vergessen werden. Ausgezeichnet das Corps de ballet, animiert die GefährtInnen des Prinzen Ioanna Avraam, Natascha Mair, Alexandru Tcacenco und – besonders sauber und elegant – Dumitru Taran, temperamentvoll Alice Firenze und Francesco Costa in den Ungarischen Tänze.

Auch das Orchester unter der Leitung von Alexander Ingram, das die  Dramatik der Musik mit Nachdruck zum Klingen brachte, trug zum Erfolg des Abends bei.

Wiener Staatsballett: „Schwanensee“ am 2. März an der Wiener Staatsoper. In den Vorstellungen am 20. und 30. März tanzen Nina Polákova und Denys Nedak als Gast die Hauptrollen, am 31. März Liudmila Konovalova und Vladimir Shishov.