Nach ihrer Boys-Trilogy, deren letzter Teil „Boys Awakening“ für die Stella15, den österreichischen Preis für darstellende Kunst für junges Publikum nominiert ist, geht Regisseurin Corinne Eckenstein nun mit einer Girl Crew die weibliche Seite der Pubertät an. Eckenstein, die neue designierte Direktorin des Dschungel Wien ab der kommenden Saison, verbindet auch in "Blutsschwestern" wieder Autobiographisches der Darstellerinnen mit Tanztheater und versucht aus den Mädchen genausoviel Energie herauszuholen wie aus den männlichen Pendants.
Die Boys erinnern sich ihrer ersten Freundin, schauen gern Pornos (sagen sie), sexuelle Anspielungen kommen ihnen locker über die Lippen, dementsprechende Körperhaltungen ebenso. Angelehnt an Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ stellen die acht Burschen zwischen 12 und 33 in „Boys Awakening“ ihre Fragen nach der Liebe. Nach „Boys don’t cry“ und „The Boys are Back in Town“ ist das Spiel in diesem dritten Teil ein pures Vergnügen für die Darsteller. Der Energiepegel ist anhaltend hoch, auch in den – sparsam eingesetzten – nachdenklichen Momenten. Denn Jungs wollen lieber agieren als sinnieren: Sie singen, tanzen und spielen mit professioneller Selbstverständlichkeit, das Publikum haben sie spätestens nach dem ersten Song, den sie live am Keyboard und der Gitarre begleiten, auf ihrer Seite. Ungezwungen kommen die Witze mit dem richtigen Timing, hemmungslos wird drauflos getrommelt, singt einer von ihnen einen Song, dann stimmen die anderen als Background Vocals mit ein. Flavio de Pina Soares de Carvalho, Ben Pascal, Adil Embaby, Hisham Morscher, Joaquin Ylo sind mit den Profis Richard Schmetterer und Fururelove Sibanda zu einem eingespielten Ensemble zusammengewachsen und wissen mittlerweile eine Fangemeinde hinter sich. (Der 12-jährige Lino Eckenstein, Sohn der Regisseurin war das erste Mal dabei und konnte scheinbar seine Vorliebe für Frauenkleider ausleben.)
Nach den Boys kommen nun also die Girls dran. Dabei greift Corinne Eckenstein auf dieselben Mittel zurück – Enactment persönlicher Erfahrungen und Tanz. In „Blutsschwestern“ erzählen fünf junge Frauen über ihre Weiblichkeit, was sie darunter verstehen, ihre Zweifel an sich selbst und ihre Bemühungen ein unabhängiges, selbst bestimmtes Leben zu leben, was ihnen die Gesellschaft nicht unbedingt immer leicht macht. Die Monologe – sehr oft mit einem herausfordernden Blick ins Publikum – entwickeln sich nur selten zu einem Dialog zwischen den Mädchen. Die Beteuerungen für einander da zu sein, werden am ehesten im Tanz verkörpert. Auch den Mädchen fehlt es keineswegs an Energie, doch die Choreografie, bei denen die Bühnenrequisiten ständig neu arrangiert werden, hemmt den Tanzfluss. Und so verbinden sich die Tanzpassagen nicht mit den gesprochenen Szenen, und das Stück wird zu einer netten Nummernrevue.
„Blutschwestern“ am 16. Oktober, weitere Vorstellungen von 27. bis 30. Oktober 2015 und 26. bis 28. Jänner 2016. „Boys Awakening“ am 21. Oktober, Dschungel Wien