Nach der Wiener Uraufführung im November 2017 erfolgte die Graz-Premiere dieser ersten gemeinsamen Produktion des jungen, österreichischen Duos Melanie Möhrl & Bernhard Zandl, alias Compagnie NiE im gut besuchten Kristallwerk: Belohnt wurde das knapp einstündigen Jongliertheaterstücks mit Standing Ovations für eine Inszenierung, die, wie versprochen, Menschen zwischen 5 und 150 begeistern kann.
Weil sie diese von Beginn an kraftvoll-charmant an der Hand nimmt und sie schwungvoll-spielerisch durch eine visuelle Welt der Überraschungen geleitet; zusätzlich musikalisch von Vitus Motreskou diskret im Fluss gehalten und räumlich verankert zwischen, vor und hinter 3 schwarzen Stellwänden.
Vorausgesetzt, man befolgt den eingangs mitgegebenen Rat: „Lasen Sie Ihre Erwartungen an den heutigen Abend fallen; jetzt!“ und überhört außerdem nicht das wiederholte, augenzwinkernde „relax“ (eine suggestive Formel, die die Artisten auch sich selbst zuflüstern, wenn ein kleiner Fehler passiert ist…). Derart gebrieft ist der Verstand bereit für die ebenso gekonnte wie einfallsreiche Jonglage mit Worten und Objekten (dazu zählen neben Bällen, nein, nicht Keulen sondern... „Unterarme“), das Arrangieren von ebenso einfachen wie ungewöhnlichen Bildkreationen und Bewegungsabläufen.
Liebevoll durchdacht ist das leichtfüßige Spiel eingearbeitet in ein atmosphärisches Netz aus heiterem Ernst und poetischer Verschmitztheit; immer wieder klug darauf bedacht, dem visuellen Genuss durch Unerwartetes einen Kontrapunkt zu geben.
Dass das feine Zusammenspiel all dieser Faktoren so gut gelingt, ist umso erstaunlicher, als die beiden erst seit zwei Jahren zusammenarbeiten. Freilich hat Bernhard Zandl eine abgeschlossene Ausbildung in einer Zirkusschule in Frankreich hinter sich und auch Melanie Möhrl kann auf unterschiedlichen Ausbildungen im künstlerischen Bereich verweisen.
Ihre starken Bühnenpräsenzen erhält zusätzliches Gewicht durch eingestreute Verweise auf eine Welt, die mit der hier auf der Bühne gezeigten eine andere Art des Rezipierens gemein hat, haben muss: die Welt von Gehörlosen, deren Kommunikationsform bekanntlich eine von der alltäglichen differenzierte ist, sein muss. Diese „beiläufige“ Hereinnahme dieses Themas und die durch die verwendete Gebärdensprache gleichzeitig gegebene Möglichkeit der Ansprache betroffener Menschen im Rahmen eines Kulturangebots (was nicht häufig geschieht), ist ein weiterer Grund, um uneingeschränkt zu sagen: Anschauen!
Companie NiE: „Anschauen!“ Kristallwerk, Graz, 2. März 2018