In grell-glänzendem Lack-Outfit und unbeweglichen Plastik-Masken, widmen sich Fanni Futterknecht und ihr Partner Camilo Latorre im Wiener WUK verschiedenen Objekten und fördern deren wahre „Natur“ zu Tage. „An Object with a sharp beginning” heißt die Erstaufführung einer Performance mit Film, die auch ein Toy-Piano-Konzert von Isabel Ettenauer beinhaltet.
Zwei artifiziell anmutende Figuren vor weißem Leinwandhintergrund, wie direkt einem Comicstrip entsprungen, kündigen mit Mickey-Mouse-Stimmen ein Gastkonzert und einen darauf folgenden Film an. In diesem konnten sie nach Lust und Laune ihre Ideen manifestieren und dauerhaft beständig machen. Sie können plötzlich erscheinen und ebenso verschwinden, denn im Film herrsche eine andere Zeit, als in der Realität. Als Vor-Act gibt Isabel Ettenauer mit verschiedenen, immer kleiner werdenden Toy-Pianos höchst skurrile Kompositionen von Karlheinz Essl zum Besten. Vor dem hinterleuchteten, violetten oder grünen Hintergrund, tritt sie nur noch als Schattenriss hervor.
Nach dem Konzert beginnt der Film: Das erste Objekt, dessen Natur sie ergründen möchten, ist ein Stuhl. Würde man seine Beine abschneiden, wäre der Stuhl keiner mehr, er hätte seine wahre Natur verloren. Was das Subjekt vom Objekt unterscheidet, ist die Fähigkeit Gefühle zu empfinden. Fanni liebt den Stuhl, sie lässt ihn tanzen, schätzt sein Oberfläche und seine Struktur, doch der Stuhl erwidert keine Gefühle, es lässt ihn völlig kalt. Fanni überlegt, wie es wohl wäre, ohne Gefühle zu existieren. Der Blick der Kamera öffnet sich weiter und gleitet über die anderen Objekte im Raum, über die verschiedenen Formen, Farben und Strukturen. Die Stille und Ruhe der Objekte provoziert Fanni und ihren Partner Camilo zu handeln. Zuerst genießen sie die weiche Haut eines Objekts, ehe sie diese abziehen.
Ein weiches, polster-ähnliches Objekt scheint die beiden herauszufordern, es heftig zu umarmen, bis aus seinem Inneren kleinere Objekte herausquellen und das Objekt als leere Hülle zurückbleibt. Oder eine kreisförmige Oberfläche wird von einem angespitzten Stock penetriert und durchbohrt. Da der Stock „schärfer“ ist, muss die Oberfläche kapitulieren. Eine Matratze wird so lange gefaltet, bis sie sich widersetzt und kurzerhand in Ketten gelegt wird. Ein Säule wird mit einem scharfen Messer bearbeitet, bis eine rote Masse herausdringt. Immer konfuser, schneller und schriller wird es, bis Fannis Partner eine Waffe zückt, auf das Publikum richtet und es bedroht. Doch da es sich um Film handle, drohe ja keine Gefahr, meint er dabei. Am Schluss haben die beiden genug und wollen das Publikum kurzerhand nach Hause schicken. Da es sich aber nicht vertreiben lässt, verschwinden sie selbst aus dem Bild.
„An Object with a sharp beginning“ handelt von der Suche nach der „wahren Natur” in einer artifiziellen Welt. Von dem Wunsch, diese zu ergründen, aber von der Unfähigkeit, den Dingen näher zu kommen, ohne sie zu zerstören oder das Interesse an ihnen zu verlieren. Sie entgleiten einem, sobald man sie zu fassen glaubt und zurück bleibt eine Leere. Schrill und farbenfroh überspitzt, bis zeitweise an die Grenzen gehend, schürft die Arbeit Fanni Futterknechts an einfachen Weisheiten bis in tiefe Abgründe.
Fanni Futterknecht „An object with a sharp beginning“ Erstaufführung 13.2.2014, Wuk, noch zu sehen bis 16. Februar 2014, www.wuk.at