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teschner zipizipMit diesen meinen zwei Händen…“ nennen die Kuratoren Kurt Ifkovits und Ivan Ristic eine reiche und auch abwechslungsreiche Ausstellung über Leben und Werk des vor allem wegen seines Figurentheaters bekannten Künstlers Richard Teschner. Die luftige Ausstellungsarchitektur für die "Bühnen des Richard Teschner" hat Gerhard Veigel geplant. Im Begleitprogramm sind auch Aufführungen von Teschners Figurenspielen zu sehen.

„… Die Hauptsache ist das Puppenspiel. Da sind freilich noch Zeichnungen und Bilder, Statuen aus Holz und Alabaster, Figuren in Speckstein und Selenit. Aber das Puppenspiel ist die Hauptsache“, schrieb der Autor Felix Salten 1919 anlässlich einer Ausstellung im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie, die mit einer Sonderschau „Richard Teschner“ lockte. Teschner also, geboren 1879 in Karlsbad als Sohn eines Druckers, war ein Multitalent. Nicht nur als Maler und Grafiker war er erfolgreich, auch als Innenausstatter, Mitarbeiter der Wiener Werkstätte und Bildhauer.

Auf einer Reise nach Java lernte er die javanischen Stabpuppen und das Schattentheater kennen und startete, vom Puppenspiel fasziniert, eine zweite Karriere. Fortan widmete er sich mit all seinen Kräften dem Puppentheater, baute die Bühne selbst, entwarf die Puppen samt ihrer komplizierten Mechanik (Stabpuppen, die mittels Fäden Kopf und Glieder bewegen konnten) und auch deren Kostüme. Auch die Stücke, die er erfolgreich aufführte, hat er selbst geschrieben.

Nach seinem Studium an der Prager Akademie der bildenden Künste und an der Wiener Kunstgewerbeschule (Vorläuferin der heutigen Universität für angewandte Kunst) zeigte er 1912 sein erstes Puppenspiel auf eigener Bühne, den „Goldenen Schrein“. War der „Goldene Schrein“ noch eine Guckkastenbühne, so baute Teschner 1932 eine zweite Bühne, die er von der herkömmlichen Theaterpraxis emanzipierte und in einen Hohlspiegel mit Lichteffekten einbaute.

Pures Schau-Spiel. Teschner setzte ganz und gar auf die Magie der Bewegung und suchte die herkömmliche Unbeholfenheit der Marionetten zu überwinden. Mit technischer Perfektion gelang es ihm, seinen Figuren Leben einzuhauchen und durch Projektionen und Lichteffekte eine magische Wirkung zu erzielen. Interessant ist, dass die Umsetzung seiner „filmischen“ Praxis mit der Kamera nicht gelungen ist. So erfolgreich und beliebt seine Theatervorführungen waren, so erfolglos waren die Filme, die mit seinen Puppen gedreht worden sind.teschner richard

Weil Teschner seine Stücke von mechanischer Musik begleiten ließ, aber die Bewegungen seiner hölzernen oder metallenen DarstellerInnen nicht durch Worte entzaubern wollte, stand er natürlich auch dem Tanz nahe. Das Sprechtheater lehnte er ab und wollte schon gar kein „kleinformatiges Sprechtheater“ zeigen sondern reines „Schau-Spiel“. Damit lag er ganz im Trend der Zeit. Der „kontemporane Zweifel an der Sprache“ (Hugo v. Hofmannsthal) weckte das Interesse an Ballett und Pantomime. Im Gegensatz zu den AusruckstänzerInnen, die trachteten, den Körper zunehmend zu abstrahieren, lag es Teschner besonders an der Natürlichkeit und Plastizität der Figurenkörper und ihrer Gesten. Bereits eines seiner ersten Puppenspiele, „Nawang Wulan“, noch im javanischen Stil inszeniert, hatte eine Tänzerin zur Titelfigur.

„Die ‚Teschner-Gemeinde’ umfasste fast alle Einflussreichen der Wiener Kunst- und Kulturszene“, schreibt Alys X. George, Germanistikprofessorin mit Spezialgebiet Wiener Moderne an der New York  University, im lesenswerten Katalog der Ausstellung. „,Beim Teschner gewesen zu sein, wurde noch vor der Zwischenkriegszeit fast eine kulturelle Notwendigkeit.“ So verwundert es nicht, dass Richard Teschner auch mit der Wiener Tanzszene regen Kontakt pflegte. Die Tänzerinnen ließen sich von den Gesten und Bewegungen seiner Figuren inspirieren und er besuchte ihre Vorstellungen, um sich Anregungen zu holen. Besonderen Kontakt hatte er mit Hilde Holger, die er auch mehrmals gezeichnet hat. Sowohl Teschner als auch Holger hatten das Horrorstück, „Die Orchidee“, in ihrem Repertoire. Das nach 1932 uraufgeführte unheimliche Drama, nach einer Kurzgeschichte H.G. Wells, war in Wien überaus beliebt. Schon ein Jahr später zeigte Hilde Holger „Die Orchidee“ im Rahmen der Hagenbund-Ausstellung in der Zedlitzhalle. Sie wählte Musik von Maurice Ravel als Begleitung für die Darstellung der schönen Blutsaugerin, „halb Schlange, halb Orchidee“. Teschner war natürlich bei der Uraufführung von Holgers „Orchidee“ anwesend. So haben einander Tanz und Puppenspiel sowohl ästhetisch wie inhaltlich gegenseitig angeregt.

teschner harlekinDie Ausstellung zeigt Richard Teschner nicht nur als Meister des Figurentheaters, sondern beleuchtet die unterschiedlichen Facetten seiner Begabung und seines Schaffens. In einem Kapitel wird Teschners politische Haltung beleuchtet, in einem anderen wird auf die Versuche, seine Aufführungen zu verfilmen eingegangen. Und Angela Sixt, die Restauratorin der im Bestand des Theatermuseums aufbewahrten Figuren, zeigt die Komplexität der Teschnerschen Puppen. Die existentielle Grundlage dieses reichen Figuren-Kosmos kann nur durch Zuwendungen von außen gesichert werden. Deshalb hat das Theatermuseum eine Figurenpatenschaft ins Leben gerufen. Hat man sie einmal angesehen, die Prinzessinnen aus dem Märchenland, die fremden Wesen von anderen Sternen, dann ist es nur ein kleiner Schritt Patentante oder -onkel zu werden. Auskunft gibt Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

„Mit diesen meinen zwei Händen…“ Die Bühnen des Richard Teschner, bis 10. Februar 2014 im Österreichischen Theatermuseum, Palais Lobkowitz, Lobkowitzplatz 1, 1010 Wien, täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr. 

Vom 8. bis 17. November lädt das Theatermuseum zu Figurentheatertagen mit dem Kabinetttheater, Markus Kupferblum, Christoph Bochdansky und anderen.

Der reichhaltige und üppig bebilderte Katalog – Die Bühnen des Richard Teschner –, herausgegeben von Kurt Ifkovits im Verlag Filmarchiv Austria, ist im Museum zum Preis von 34,95 € erhältlich. Die Beiträge, etwa  von Alys X. George (Körpersprache, Maskenspiel. Richard Teschners Figurentheater und die Wiener Tanzkultur der Zwischenkriegszeit), von Angela Sixt (Tradition und Experiment. Die Entwicklung der Materialität bei Richard Teschners Stabfiguren) oder Ivan Ristic (Anmerkungen zu Teschners künstlerischen Strategien) geben nicht nur über Teschner Auskunft sondern auch über die Theater- und Tanzszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

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