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agudo0José Agudos musikalisch-tänzerische Reise entlang der Seidenstraße war sicher einer der Höhepunkte des diesjährigen Tanzsommers. Auch die Zwillinge Sadé und Kristina Alleyne fischen im Teich unterschiedlicher Stile, hier als Grundlage für eine psycho-soziale Geschichte. Chris Haring bleibt seiner einzigartigen Bühnensprache treu, auch im Museum, wo er seine DarstellerInnen einsame Schicksale fristen lässt. 

Agudo Dance Company „Silk Road“agudo1

„Silk Road“ ist die erste Produktion, die José Agudo für seine eigene Compagnie kreiert hat und sich dabei nicht nur als Ausnahmetänzer präsentiert. Ausgehend von seiner Recherche – Agudo hat sich gleichermaßen intensiv mit Flamenco, Kathak und zeitgenössischen Tanzformen auseinandergesetzt – ist das Ergebnis ist ein Musik-Tanzkonzert, bei dem er von einem erlesenen, kongenialen Team aus ChoreografInnen und Musikern begleitet wird.

agudo2Die Reise beginnt in Spanien, wo José Agudo als Flamenco-Bailaor seine tänzerische Entwicklung begann. Rafael Amargo schuf eine spannende Choreografie, in der er eine traditionelle Farrucca in heutiger Ästhetik zum stimmungsvollen Licht von Jackie Shemesh gestaltet. Die Musiker Bernhard Schimpeslberger (Perkussion) und Giuliano Modarelli (Gitarre) spinnen den einleitenden Gesang vom Band (von Mayte Maya) auf der Bühne weiter und führen die Compás des Flamenco in indische Rhythmen über. Die Beiden sind versierte Musiker mit vielseitigen internationalen Erfahrungen in unterschiedlichen Kontexten von Jazz bis World Music. Im zweiten Solo hat Agudo die schwarze Hose gegen ein weißes Ensemble und die Flamencoschuhe gegen Fußglöckchen (Kostümdesign: Kimie Nakano) getauscht. Formvollendet tanzt er die Kathak-Choreografie von Nahid Siddiqui, wenngleich mit leichtem „Akzent“.
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Das Konzert der großartigen Akteure reißt die ZuschauerInnen immer wieder zu begeistertem Zwischenapplaus hin. Die Pause ermöglicht es, die Stimmung für den zweiten Teil wieder in ruhigere Bahnen zu lenken.

Nun führt die Reise ins Reich der Mitte. Fernöstliche Klänge eröffnen die Begegnung von José Agudo mit dem Tänzer Kenny Wing Tao Ho. Vielleicht ist er ein buddhistischer Mensch, der in meditativer Haltung einen Fremden empfängt. Jedenfalls entsteht in ihrem Duo eine gemeinsame Tanzsprache, die die individuellen Unterschiede weder negiert noch betont. In den Armen und Händen blitzen Flamencogesten auf, die Füße trommeln kurz einen Kathak-Rhythmus, doch die raumgreifenden Bodenschwünge, so typisch für den Tanz des 21. Jahrhunderts werden zu Begegnungsoasen der Kulturen. Wenn Wing Tao Ho am Ende im Hintergrund verschwindet, sind die Tänze entlang der Seidenstraße bereits in Agudos Körper verankert.

agudo4„Silk Road“ ist nicht nur ästhetisch bestechend und ein tänzerisch-musikalisches Vergnügen. Agudo und sein Team eröffnen eine kultur- und zeitübergreifende Perspektive auf den weltgeschichtlich so bedeutenden Handelsweg, der die ersten Beziehungen zwischen West und Ost ermöglichte. Im Kanon der Künstler, die sich mit dieser faszinierenden Route auseinandergesetzt haben, kann dieser Blick auf die Seidenstraße uneingeschränkt bestehen.

Alleyne Dance „A Night’s Game”Alleyne1

Ebenso wie José Agudo haben es die Zwillinge Sadé und Kristina Alleyne als Tänzerinnen der Akram Khan Compagnie auf den internationalen Tanzmarkt geschafft. Die Schwestern haben nach einer Karriere als Athletinnen ihre Tanzausbildung in London und – ebenso wie Akram Khan – an der renommierten Northern School of Contemporary Dance in Leeds in Großbriannien absolviert. „A Night’s Game“ ist ihre erste Produktion der Schwestern als Alleyne Dance. Trotz des gemeinsamen Backgrounds hält ein Vergleich mit der Agudo Dance Company weder stilistisch, ästhetisch noch inhaltlich angebracht.

Alleyne2Zwar bringen auch die Schwestern mit Wurzeln in Barbados einen Mix aus Stilen mit, neben dem Zeitgenössischen haben sie Erfahrung im Hip Hop, bei Impulstanz unterrichten sie African Fusion. Und so beginnt „A Night’s Game” auch mit einer interessanten Bodypercussion, bei der Sadé ihren Körper in rhythmischen Mustern abklopft. Kristina taucht auf, verschwindet, erscheint erneut, wie ein Schatten ist so plötzlich da und auch schon wieder weg. Ist sie eine reale Person oder ein Produkt der Fantasie? Geräusche vom Band legen den Ort der Handlung fest, ein Gefängnis, der Stuhl, auf dem Sadé ihre Perkussion performt, vielleicht eine Einzelzelle? Immer vehementer werden nun die Aktionen der beiden Frauen, sie springen aufeinander, kämpfen miteinander und versuchen doch einen Dialog aufzubauen. Am Ende sind beide gebrochene Gestalten. Alleyne3

„A Night’s Game“ ist ein psychosoziales Portrait, das für die beiden TänzerInnen physisch äußerst fordernd ist. Es sind es Momente einer destruktiven Beziehung voll Misstrauen und Agression mit sich wiederholenden Mustern, deren Motivation sich den ZuschauerInnen aber nicht erschließt.Es war vielmehr so, als hätte ich eine Filmszene gesehen, die – da aus dem Zusammenhang gerissen – keinen Sinn ergab und mich kalt ließ.

haring1Chris Haring / Liquid Loft „Stand-Alones (polyphony)”

Wie schon der Titel sagt, hat der österreichische Choreograf Chris Haring für seine Intervention im Rahmen von Impulstanz, sein Ensemble aufgesplittet und im Leopold Museum in acht separate Räume verteilt. Die ZuschauerInnen waren frei ihre Wege zu wählen und den einsamen Kreaturen zu begegnen.haring2

Sie legten ihre Kleidung ab, zogen sich wieder an, verkrochen in Ecken, machten Liegestütze im Zentrum des Raums, zitterten, bebten, versuchten auf Wände zu klettern oder ihre Gesichter und Körper zu verzerren und zu verbiegen. Die Geräusche aus ihre iPods und Lautsprechern, die sie wie in vorangegangen Shows der Serie „Foreign Tongues“ selbst bedienten, gaben Anleitungen oder waren Playback für ihre Monologe.

haring3Mich hat eigentlich keine der auf der Bühne sonst so hinreißenden PerformerInnen der Liquid Loft Compagnie zu längerem Verweilen animiert. Vielmehr habe ich versucht, die Interventionen als flüchtige Impressionen zu absorbieren – durch das Labyrinth der Geräusche meandernd. Die Faszination der stringenten Produktionen, die Haring mit seiner Verbindung von Live-Acts und technischen Medien schafft, blieb dabei allerdings aus. Zusammen sind sei unschlagbar, doch „standing alone“ wirken sie ziemlich verloren und einsam.

Chris Haring / Liquid Loft „Stand-Alones (polyphony)” am 1. August im Leopold Museum; Alleyne Dance „A Night’s Game” am 3. August im Odeon, weitere orstellung am 4. August; Agudo Dance Company „Silk Road“ am 3. August im Akademietheater, weitere Vorstellungen: 4. und 5. August.

Impulstanz noch bis 11. August

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