Wera Goldman ist am 15. Mai in Tel Aviv 99-jährig gestorben. Seit 1998 war die in Wien geborene Ausdruckstänzerin immer wieder in Wien, wo sie Workshops hielt, ihre Stücke selbst tanzte oder mit der Tänzerin Martina Haager einstudierte. 2008 wurde sie mit einer Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Wera Goldman kam am 21. November 1921 in Wien als Tochter eines Künstlerehepaares zur Welt. Bereits im Alter von vier Jahren begann sie mit dem Tanzen und nahm Ballettunterricht bei Riki Raab. Während der Nazizeit emigrierten ihre Eltern nach Australien, während sie selbst 1938 nach Palästina ging. Dort arbeitete sie als Pionierin in einem Kibbuz. Sie schloss sich in Tel Aviv der Ausdruckstänzerin Gertrud Kraus an, die ebenfalls aus Wien stammte, aber bereits 1933 nach Palästina emigriert war. Goldman arbeitete fünf Jahre in deren Ensemble an der Folk Opera in Tel Aviv. Berühmt wurde ihre Partie des Todes in "Des Dichters Traum" aus dem Jahr 1943.
Goldman beschäftigte sich Zeit ihres Lebens aber auch immer mit den vielfältigen ethnischen Tänzen in aller Welt und verband ihr Interesse mit ausgedehnten Aufenthalten in Australien, Südostasien und Indien, wo sie klassischen indischen Tanz studierte. Die Gründung eines eigenen Tanzstudios in Tel Aviv und weltweite Auftritte folgten, darunter einer anlässlich der Eröffnung des Sydney Opera House 1973.
Nach ersten Gastspielen in Wien 1947 und 1953 trat sie von 1998 bis 2011 wiederholt hier auf: 1998 in der von Andrea Amort kuratierten Reihe "Tanz im Exil", im deren Rahmen Wera Goldman ihre Choreografie „Dybbuk“ im Jüdischen Museum tanzte. Über dieses Stück schrieb Gunhild Oberzaucher-Schüller auf tanz.at ("Sechs Damen – 100 plus/minus – und ein junger Mann"):
„Typisch für eine Vertreterin der Tanzmoderne interessiert sich Wera Goldman neben ihrem Engagement für ethnische Tanzformen auch für Charaktere jüdischer Mythen und, dies aus dem Blickwinkel der Frau, für biblische Figuren. Ein geheimnisvoller Charakter des reichen jüdischen Legendenreservoirs ist der des Dybbuk, ihm wandte sich Goldman im Laufe ihrer Karriere wiederholt zu. Zu einem Schlüsselerlebnis wurde die Aufführung des „Dybbuk“ von An-Ski durch die Habima im Februar 1938 in Wien; ihren „Dybbuk“ tanzte Goldman 1964 mit dem ehemaligen Bodenwieser-Tänzer Keith Bain als Partner in Sydney, 1998 präsentierte sie ihn als Solostück in Wien.“
1999 unterrichtete Goldman bei ImpulsTanz. Dem folgten weitere Auftritte in Wien: In der Alten Schmiede präsentierte sie "Die Seherin", im Jüdischen Museum "Das Lied der Lieder" und "Die Bibel im Tanz". 2006 gastierte Goldman auf Initiative von Martina Haager, mit "Das Friedenszelt" in Österreich und tanzte auch im Wiener Kosmostheater. Im Oktober 2008 leitete sie eine Masterclass am Studiengang Tanz der MUK und erhielt damals im Rahmen der Benefizgala „Berührungen“ im Odeon die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien für ihr Lebenswerk.
2019/2020 wurde ihr Wirken in der Ausstellung „Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne“ in Filmen präsentiert.
Der Artikel "Wiener Wurzeln im israelischen Ausdruckstanz" erschien in der Zeitschrift tanzAffiche, Nr. 74, November 1997: