„Alles tanzt“ ist nicht nur der Titel der Ausstellung, die ab 21. März zu sehen ist, sondern steht wohl auch als Motto für das Jahr 2019 im Theatermuseum. Während "Alles tanzt. Kosmos der Wiener Tanzmoderne“ einen Bogen von den Protagonistinnen des Wiener Ausdruckstanzes zu Tanzschaffenden der Gegenwart spannt, wird ab Mai auch „Die Spitze tanzt. 150 Jahre Ballett an der Wiener Staatsoper“ präsentiert.
Grete Wiesenthal, Gertrud Bodenwieser und Rosalia Chladek, Valeria Kratina, Gertrud Kraus, Hilde Holger sind die prominentesten VertreterInnen des Tanzes im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in Wien. Die Schau veranschaulicht die Vielfalt und Dichte einer von Frauen bestimmten Tanzszene in Wien, die von der NS-Diktatur zerstört und im Exil weiterentwickelt wurde.
Dass der Austrofaschismus und das NS-Regime den demokratischen, freigeistigen und „umstürzlerischen“ (Alfred Schlee, 1930) Modernen Tanz instrumentalisierte, ist bis heute Thema der längst nicht abgeschlossenen Geschichts- und Tanzforschung zu dieser Zeit. Durch die Vertreibung und Ermordung des Großteils seiner VertreterInnen zerstörte das NS-Regime zwischen 1938 und 1945 weitgehend die Wiener Tanzmoderne. Einige ihrer Protagonistinnen wurden in ihren Zufluchtsländern zu Schlüsselfiguren einer dort entstehenden neuen Tanzmoderne.
Ausgangspunkt der Ausstellung war die 2015 erfolgte Übergabe des umfangreichen Text-Nachlasses der Tänzerin, Choreografin und Pädagogin Rosalia Chladek (Brünn 1905–1995 Wien) an das neu gegründete Tanz-Archiv der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) unter der Leitung von Andrea Amort, die auch die Ausstellung im Theatermuseum kuratiert. Dort wird das gesamte Material von weit über hundert Archivschachteln nach deren Aufarbeitung seine endgültige Destination finden.
Rosalia Chladek ist daher einer der drei Teile der Ausstellung gewidmet. Im zweiten, dem sogenannten DOKU-Raum, werden Zeichen historischer Materialien wie Texte, Fotos und Filme präsentiert. Im KUNST-Raum finden performative Programme statt, in denen auch die BesucherInnen die Möglichkeit erhalten Bewegungsanleitungen zu folgen. Die Ausstellung schlägt also eine Brücke bis in die unmittelbare Gegenwart. Lehrmethoden und Tanztechniken, auch manche Tanzwerke haben in Mitteleuropa wie auch in den Exilländern überdauert bzw. sind Allgemeingut geworden. Nachfahren der Protagonistinnen und Forschende, aber auch zeitgenössische KünstlerInnen, die sich in der Tradition oder den Themen verwandt fühlen, kommen in Interviews oder mit eigenen künstlerischen Arbeiten zu Wort.
Die Gestaltung der Ausstellung wird vom Szenografen und Zeichner Thomas Hamann realisiert. Dazu gibt es ein reichhaltiges Begleitprogramm:
Zur Eröffnung tanzen am 20. März Martina Haager „Tanz mit dem Stab“ von Rosalia Chladek und Eva-Maria Schaller „Die Unbekannte aus der Seine“ von Hanna Berger.
„Rosalia Chladek Reenacted“ heißt die speziell für die Ausstellung entwickelte Aufführungsserie, die von Tänzerinnen der freien Wiener Szene im Eroica-Saal des Theatermuseums gezeigt wird. Ausgangspunkt sind tradierte historische Soli aus dem Werkkatalog von Chladek (29., 30. und 31. März 2019)
„Bits and Pieces“ sind Tanz-Kurzstücke und Lectures, die von KünstlerInnen der Wiener Szene und Studierenden der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) als Teil der Ausstellung an speziellen Nachmittagen ab Mai 2019 in den Ausstellungsräumen des Theatermuseums gestaltet werden. Führungen mit ExpertInnen und ein Vermittlungsangebot für Schulen ergänzen das Projekt.
Die aufwendig gestaltete und reich bebilderte Publikation „Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne“, herausgegeben von Andrea Amort (bei Hatzje Cantz, Berlin) begleitet die Ausstellung. Eine Besprechung derselben erscheint demnächst auf www.tanz.at
„Alles tanzt. Kosmos der Wiener Tanzmoderne“ im Theatermuseum (in Kooperation mit der MUK – Musik und Kunst, Privatuniversität der Stadt Wien von 21. März 2019 bis 10. Februar 2020