Simon Mayer hat sich wieder mit ländlichem Brauchtum beschäftigt. Diesmal mit seinen Kollegen Matteo Haitzmann, Patric Redl und Manuel Wagner. Ernsthaft und ironisch zugleich transferieren die „Sons of Sissy“ die Volktradition aus ihrem Herrgottswinkel in die alternative Großstadtszene. Unter Aufbietung aller folkloristischer Zutaten werden traditionelle männliche Rollenbilder genüsslich zerpflückt, Tabugrenzen schamlos überschritten.
Wenn sich Simon Mayer die österreichische Folklore zum Thema seiner Performances macht, dann tut er dies als intimer Kenner der Volksmusik und Tanztradition. Denn der gelernte Tänzer (ehemaliges Mitglied des Balletts der Wiener Staatsoper), charismatische Performer und Musiker hat seine Wurzeln auf einem Biobauernhof in Oberösterreich. Dass er auch in diesem Metier seinen Mann stellen könnte, hat er ja in seinem Solo „SunBeng Stitting“ bewiesen, in dem er, geschickt mit der Motorsäge hantierend, auf der Bühne sein eigenes Sonnenbankerl gefertigt hat.
Nun also zum selben Thema ein Gruppenstück. Dass auch das wieder aufgeht, liegt einerseits an den tänzerischen und musikalischen Fertigkeiten der Mitwirkenden, andererseits an der thematischen Stringenz und deren präziser Umsetzung. Zwei Geigen, ein Kontrabass und die steirische Harmonika – zu Beginn sind die Landler der g’standenen Männer noch fröhlich-urig, ein bisschen daneben gesungen darf auch werden. Doch dann beginnt einer zum ersterbenden Klang der Steirischen zu marschieren. Unerschütterlich und stur, irritierend – aber nur kurz. Mit Osterratschen, Kuhglocken, und einem das Weihrauchfass schwingenden Ministranten ist man an einem Sonntag im Dorf angekommen Auf dem Tanzboden gibt es zwar hier nur Männer, doch auch sie drehen perfekt an der Hand ihres Partners. Dann entledigen sich die vier ihrer Kleider. Nackt geht es nun weiter in der Routine – im Paartanz, schuhplattelnd, paschend, schnalzend und juchzernd.
Simon Mayer hat diese Zutaten aus dem Katalog des heimischen Brauchtums mit trockenem Humor zusammengemischt, die Nackt-Choreografie mit köstlich-absurden Variationen und Bocksprüngen versehen, samt neckischem Getändel, in dem sich die beiden bärtigen Darsteller Mayer und Wagner liebevoll annähern. Es sind wenige Momente wie diese, die die spielfreudigen Folklore-Variationen durchbrechen, die die Comedy-Performance aber aus der schenkel-klopfenden Heiterkeit retten. Und so endet sie mit einer Art Veitstanz, in dem sich ein Tänzer von den formalen Zwängen befreit, und damit die trügerische Idylle ländlichen Brauchtums noch einmal in Frage stellt.
Sons of Sissy, Premiere am 9. April 2015, weitere Vorstellungen bis 12. April im brut