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OLYMPUS DIGITAL CAMERAMit “KaiserRequiem” setzt die Volksoper ein Zeichen zum  80. Gedenktag der Befreiung von Auschwitz. Grundlage ist die Oper “Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung”, die der österreichische Komponist Viktor Ullmann und der tschechische Librettist Peter Kien im Ghetto Theresienstadt kreiert haben. Diese verschränkt der musikalische Leiter Omer Meir Wellber mit Mozarts Requiem. Regisseur und Choreograf Andreas Heiser übernahm die Inszenierung. 

In Viktor Ullmanns Oper hetzt ein tyrannischer Herrscher die Menschen zur gegenseitigen Feindschaft auf. Jeder ist der Feind des Anderen. Da beschließt der Tod zu streiken und keine Seelen mehr abzuholen. Dies führt im Volk zur Aufruhr und der Kaiser von Atlantis ruft den Tod zu sich. Er werde seine Aufgabe wieder aufnehmen, wenn der Kaiser sein erstes Opfer wird, sagt der Tod. Der Monarch willigt in den Deal ein.KaiserRequiem1

Ullmannns Kammeroper wird nur selten aufgeführt, dabei ist es sowohl in seiner musikalischen Vielfalt als auch in seiner Thematik ein durchaus interessantes Werk. Ullmanns Tonsprache steht unter dem Einfluss der Musikrichtungen des frühen 20. Jahrhnunderts, von Arnold Schönberg bis zum Jazz. Die Figuren sind bildhaft gezeichnet. Im Kaiser ist unschwer Hitler zu erkennen, ein Tyrann, der sich nur durch Spaltung seines Volkes, durch Zerstörung und Krieg an der Macht halten kann. Die darin thematisierte Sehnsucht nach dem Tod, der sich verweigert, ist eigentlich nur im Kontext eines Konzentrationslagers zu verstehen.

KaiserRequiem2Ullmannn und Kien kreierten diese Oper im Ghetto Theresienstadt, wo sie bis zur Generalprobe geprobt und danach abgesetzt wurde. 1944 werden beide nach Aschwitz-Birkenau deportiert, Ullmann wird ermordet, Klien stirbt dort an einer Infektion. 

Erst 1975 erfuhr “Der Kaiser von Atlantis” seine Uraufführung in Amsterdam. In Österreich war die Oper als Puppentheater in der Regie von Herbert Gantschacher zu sehen. Eine neuerliche Auseinandersetzung ist also ein durchaus lobenswertes Unterfangen. KaiserRequiem4

In Verbindung mit einem der ikonischen Meisterwerke der sakralen Musik, nämlich Mozarts Requiem geht dieses fragile Kleinod allerdings unter. In der Instrumentalisierung schöpfte der Komponist keineswegs aus dem künstlerisch Vollen, sondern aus den im Ghetto vorhandenen musikalischen Ressourcen. Demgegenüber steht der mächtige Klangkörper der katholischen Totenmesse. Auch wenn Meir Wellbers Arrangement musikalisch friktionslose Übergänge zwischen den beiden Werken herzustellen vermag, verblassen die spröden Tongebilde von Ullmanns Komposition ganz schnell. Die etwa einstündige Oper wird nun auf 90 Minten ausgedehnt. Doch warum?

OLYMPUS DIGITAL CAMERAIn der Inszenierung führt diese Überlagerung von Ullmanns Oper zu einer Wahrnehmung der Charaktere als Schablonen ohne emotionalen Tiefgang. Dieser Eindruck wird durch die in reduzierter, abgehackter und eckiger Bewegungen agierenden Tänzer*innen, die jeweils einen Sänger / eine Sängerin doubeln, verstärkt.

Es obliegt den Chormitgliedern zu Mozarts gefühlsgeladener Musik mit emphatischer Gestik Dramatik heraufzubeschwören. Mit dem Bühnenbild und den Kostüme von Sascha Thomsen und dank der engagierten Performance der Musiker*innen, Sänger*innen und Tänzer*innen gelingen immer wieder eindrucksvolle Bilder und Szenen. OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Und doch sollte es mehr sein: In einer Zeit, in der totalitäre Figuren ihre Machtansprüche erneut rücksichtslos, mit äußerster Brutalität und durch Hetze gegen Mitmenschen durchsetzen, zeigt Viktor Ullmanns Oper deutlich Parallelen zur Vergangenheit auf. In der hier realisierten Version verliert die Botschaft allerdings ihre Wirkung. 

“KaiserRequiem”, Premiere am 25. Jänner 2025 an der Volksoper. Weitere Vorstellungen: 27. Jänner, 2., 5., 8., 19., 26. Februar, 3., 5. März

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