Von einer elektrisierten Fangemeinde angehimmelte Stars sind kein Phänomen des 20. Jahrhunderts, es gab sie schon immer. Der Stargeiger David Garrett zeigt das in seinem ersten Einsatz als Filmdarsteller. Er spielt sein Vorbild, den Stargeiger Nicoló Paganini, der es schon vor nahezu 200 Jahren verstanden hat, sich bestens zu vermarkten.
Stargeiger spielt Stargeiger. Der italienische Geigenvirtuose und Komponist, Nicoló Paganini (* 1782 in Genua, † 184o in Nizza) war bereits zu Lebzeiten eine Legende. Sein Erscheinungsbild, er kleidete sich stets schwarz; seine brillante Spieltechnik, die Geheimnisse, die sich um sein Leben rankten und bald auch sein durch Krankheit und Drogenmissbrauch gezeichnetes hageres, bleiches Gesicht zogen die Menge in Bann. Wenn er auftrat balgten sich die Groupies um seine Nähe, feine Damen sanken in Ohnmacht und die Männer warfen jubelnd die Hüte in die Luft. Das rasante Spiel mit den Doppelgriff-Kaskaden, so munkelte man, konnte ihn nur der Teufel gelehrt haben. Paganini verstand sowohl die technischen Möglichkeiten seines Instruments auszureizen als auch sich selbst zu inszenieren.
Im Film von Bernard Rose, der sowohl Regie geführt als auch das Drehbuch verfasst hat und hinter der Kamera gestanden ist, verkörpert ein Star von heute, der deutsche David Garrett (mit bürgerlichem Namen David Bongartz), den Teufelsgeiger. Wie dieser ist Garrett von der Musik und seinem Instrument besessen; wie dieser sieht er gut aus und kann Frauenherzen höher schlagen lassen; wie dieser weiß er, was das unterhaltungssüchtige Publikum will. Und gibt es ihm.
Geliebt und gehasst. Schon mit seinem Engagement für die Hauptrolle (die Idee für den Film stammt übrigens von Garrett selbst, er hat die Musik dafür arrangiert und auch am Drehbuch mitgearbeitet und sich auch an der Produktion beteiligt) war der Erfolg der anderthalb Kino-Stunden gesichert.
Wenn auch die Eckdaten stimmen und sogar die Liebesgeschichte mit der jungen Sängerin Charlotte Watson (bezaubernd und glockenrein singend Andrea Deck) belegt ist, so konzentriert sich der Film vor allem auf die Erfolgsjahre des genialen Künstlers und seine Selbstinszenierung. Klar wird, dass für einen Getriebenen, wie alle großen Künstler es sind, die üblichen Lebensbedingungen und Konventionen nicht gelten können. Er muss nach seinen eigenen Erfordernissen leben. Dafür wird er ebenso geliebt wie gehasst.
Neben der üppigen Ausstattung und den authentischen Kostümen der mehrfach ausgezeichneten österreichischen Bildnerin Birgit Hutter (mit Witz und Augenzwinkern stellt sie Bezüge zum Heute her) besticht vor allem Roses Kameraführung: London liegt im Kohlenstaub geschwängerten Nebel, im Hafen hingegen durchbricht das Sonnenlicht die dichte Suppe, das Szenario im Lichtdesign von Ron Forsythe erinnert an Bilder von William Turner. Gedreht wurde hauptsächlich in den Bavaria Studios, die Sets hat Christoph Kanter entworfen. In Italien, Wien und Paris ist nichts vernebelt und verschmiert, da herrscht klares Licht.
David Garretts Spiel begeistert auch im Konzertsaal, als Popstar des 19. Jahrhunderts bieten er und seine Entourage ein wunderbar entspannendes Kinoerlebnis, das man sich ohne Reue gönnen darf.
„Der Teufelsgeiger“, ein Film von Bernard Rose mit dem Geigenvirtuosen David Garrett, Jared Harris als Manager Urbani, Andrea Deck und Helmut Berger in der Minirolle eines reichen Lords. Eine Deutsch-Österreichisch-Italienische Koproduktion im Verleih von Filmladen.
Ab 31. Oktober im Kino.