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giselleMit der durchwegs romantischen Inszenierung von Yuri Grigorovitsch aus den 1980er Jahren präsentiert das Bolshoi Ballett einen weiteren Klassiker in seiner HD Collection. In seiner Version optierte der russische Meisterchoreograf für den reinen Tanz und verzichtete beinahe gänzlich auf die handlungstragenden pantomimischen Szenen.

Schon im ersten Akt wird deutlich: Wir sind im Märchen. Die Kostüme der Mädchen sind luftige Tüllkleidchen, die Herren tragen Wämser und Hüte mit Federn. Zusammen mit der Kulisse mit einem verschwommenen Wald-Hintergrund, dem kleinen Häuschen und dem Stadl ergibt die Ausstattung (Simon Virsaladze) ein typisches Landschaftsgemälde des 19. Jahrhunderts. Nur Giselle ist wie üblich in ihrem blau-weißen Dirndl und wird in dieser Version von Svetlana Lunkina getanzt. Im ersten Akt ist sie ein scheues und eher zurückhaltendes Mädchen, das den Verführungen von Albrecht (Dmitry Gudanov) erliegt. Die beiden sind ein harmonisches Paar und  tanzen ihre Parts sehr sauber und sicher. Hans (wie Hilarion in dieser Version heißt) wird von Vitaly Biktimirov als enttäuschter Liebhaber gespielt und nicht als gemeiner Bösewicht, der er in manch anderer Version ist. Im Bauern-Pas de deux glänzt das junge Paar Chinara Alizade und Andrey Bolotin – ein erfreulicher Ausblick auf die nächste Tänzergeneration des Bolshoi.

Völlig gestrichen wurde die Pantomime der Mutter Berthe, in der sie ihrer herzkranken Tochter klar macht, warum sie nicht tanzen soll (denn wenn sie vor der Hochzeit stirbt, wird sie zur Wili). Das vermindert natürlich die Handlungslogik des ganzen Balletts. Die Wahnsinnsszene der Giselle gestaltet Lunkina sehr introvertiert – das Bolshoi Theatre Orchestra uner der Leitung von Pavel Klinichev gibt dabei ein extrem langsames Tempo vor.

Auch im Zweiten Akt werden die Adagio-Szenen möglichst gedehnt, als wollten Orchester und TänzerInnen jede Note, jede Bewegung bis ins kleinste Detail auskosten. Als Wili bleibt Giselle das scheues Mädchen, auch wenn sie ganz klar ihren Albrecht vor dem Zugriff der bösen Wilis verteidigt. Doch diese sind hier gar nicht so böse, denn ihre Anführerin Myrtha (Maria Allash) tritt nicht mit der gewohnten, absolute Autorität auf und es ist schwer vorstellbar, dass sie ihre unumschränkte Gewalt ausüben wird. Das Corps de Ballet ist wunderbar synchron und schwebt mit Leichtigkeit und Anmut über die Bühne.

Die Videoregie von Vincent Bataillon setzt auf eine ruhige Kameraführung bei dieser gefilmten Aufführung im Moskauer Bolshoi Theater im Jänner 2011. Die Wechsel zwischen Totale und Nahaufnahmen passieren immer im richtigen Moment, und die Kamera vernachlässigt nie das Geschehen rund um die Protagonisten. Auch tontechnisch ist diese Aufnahme von bester Qualität und ist in den Formaten DTS-HD und stereo abrufbar.

The Bolshoi Ballet HD Collection „Giselle“, Bel Air classiques

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