2009 feierte das Scottish Ballet das 40. Jubliäum seines Bestehens. Ursprünglich aus dem Western Ballet Theatre in Bristol hervorgegangen, erlebte das Scottish Ballet unter seinem ersten Direktor Peter Darrell einen beachtlichen Start, der auch nachhaltig von Margot Fonteyn und Rudolf Nurejev unterstützt wurde. Nach einigen unruhigen Jahren wechselnder künstlerischer Leitungen hat 2002 der ehemalige Tänzer des Royal Ballet Ashley Page, die Compagnie übernommen und seither wieder auf eine solide künstlerische Basis gestellt. Die Compagnie mit 34 TänzerInnen hat ein gemischtes Programm im Repertoire, zu dem Pages adaptierte Versionen von Klassikern wie „Der Nussknacker“, „Aschenputtel“ und „Dornröschen“ ebenso zählen wie Choreografien von Balanchine (darunter auch „Rubies“), William Forsythe, Trisha Brown, Jerome Robbins und Stephen Petronio.
In Jorma Elos neu kreiertem Stück stellt sich die Compagnie als ein junges und bestens trainiertes Ensemble vor, das mit großem Elan tanzt und das Publikum sofort auf seiner Seite hat. Und das obwohl Elos Choreografie nicht überzeugen kann. Im Grunde wiederholt Elo in „Kings 2 Ends“ sein Ballett „Glow – Stop“ (im Repertoire des Wiener Staatsballetts): Es hat zwei Teile zu unterschiedlichen Musiken, hier der erste Teil zu Musik von Steve Reich und der zweite Teil zu Mozart, der erste Teil in Trikots, der zweite Teil in roten Tutus. Zwar bricht die Mischung zwischen dem typisch Outfit und dem Tanz auf Halbspitze den klassischen Bewegungsmodus auf und formuliert ihn so neu, aber die Choreografie irrt zu Mozarts Violinkonzert ziellos im Raum herum.
Dagegen ist MacMillans „Song of the Earth“ ein choreografisches Meisterwerk, bei dem jede Geste, jede Bewegung ihren Platz hat. MacMillan hat 1979 das Stück für das Stuttgart Ballett kreiert, nachdem man in seiner Heimstätte, dem Royal Ballet fand, dass Mahlers Musik nicht zu vertanzen ist. Der Stuttgarter Ballettchef John Cranko gab aber seinem Kollegen Carte Blanche, um seinen Traum zu realisieren und das Ergebnis ist auch heute noch bestechend. Das Scottish Ballet tanzt diesen elegischen Lebenszyklus in Pas de deux, Pas de trois, Pas de quattre und Gruppenszenen mit der nötigen Abstraktion. Der Pathos liegt in der Musik, aber nicht im Tanz, der durch seine Einfachheit berührt – MacMillan hat seinerzeit auch sehr weise entschieden, das Ballett in Trikots tanzen zu lassen: weiss für die Frauen, schwarz für die Männer. Die Figur des Todesboten (hervorragend getanzt von Victor Zarallo) verbindet die einzelnen Lieder, ist manchmal im Zentrum, manchmal beobachtend am Rande des Geschehens. Die scheinbar schwerelose Timomi Sato und Christopher Harrison stachen als Solisten hervor. Leider reichten das Orchester und die Sänger mit ihrer Interpretation vom „Lied der Erde“ nicht an die Qualität der Tänzer heran und trübten das Vergnügen an diesem tänzerisch eindrucksvollen Werk.
The Scottish Ballet „Double Bill“ im Sadler’s Wells Theatre London am 4. November 2011.