Mehr Klamauk als Tanz. Die Ballettdirektorin am Linzer Landestheater, Mei Hong Lin, beschließt ihre erste Saison mit einem aufgefrischten Stück. „Blinde Date“ – mehr Screwball-Komödie als Tanztheater – hatte im Dezember 2011 am Staatstheater Darmstadt Premiere und wurde nun auch in Linz begeistert aufgenommen. Die komödiantische Suche nach dem Glück amüsiert mit kabarettistischen Einlagen, lässt aber den Tanz weitgehend vermissen.
Auf der leeren Bühne erblühen dunkelrote Rosen, doch wenn sie in Miniatur überreicht werden, haben sie scharfe Dornen. Die Liebe ist für die Choreografin Mai Hong Lin weniger ein seltsames Spiel als ein Kabarett. Der Klamauk führt Regie und drängt den Tanz in die Kulissen. Mit Gekreisch, Gesang und Pointen aus der Klischeelade darf das 18 köpfige Ballettensemble des Linzer Landestheaters verborgene Talente zeigen. Hie und da erinnert ein kleiner, wenig aufregender Pas de deux daran, dass eigentlich ein Tanzstück auf dem Spielplan steht.
Die Musik – eine Collage aus Melodien von Astor Piazzolla über alte Filmschlager bis Duke Ellington – trägt die zerdehnten Witzeleien über die Suche nach dem Glück, das keine und keiner findet. Die Damen haben jedenfalls das Heft fest in der Hand und das Mikro vor dem Mund, die Partner sind ihnen nicht gewachsen. Einer nach dem anderen muss gehen.
Lins Bild von Liebesglück ist bei aller bunten Fröhlichkeit ziemlich schwarz. Liebesfreud endet immer im Liebesleid. Alle suchen das Glück, finden aber nur Knoblaucheis. Die Begegnungen sind flüchtig, Gefühle haben keine Chance, man begnügt sich mit einem Surrogat und stopft Chips und Pudding in den gierigen Mund.
Eine durchgehende Handlung ist nicht vorgesehen. Lin zeigt in der Black Box des Musiktheaters Linz ein grelles Puzzle von Szenen, die von der immer wieder misslungenen Partnersuche handeln. Statt auf die Sprache der Körper zu vertrauen, lässt sie ihr Ensemble Witzfiguren darstellen.
Zugegeben, das gesamte Ensemble hat sichtlich Spaß an den ungewohnten Rollen. Und auch das Publikum amüsiert sich köstlich, spendet Szenenapplaus und vergisst dass zu Beginn acht Frauen mit trüben Gesichtern durch die Zuschauerreihen getaumelt sind, sich später auf der Bühne schmerzvoll verrenkt haben und auch in der letzten großen Szene – „Im Waschsalon“ – das heulende Elend darstellen. Die Rosen sind verblüht, die Dornen sind geblieben – und die schmutzige Wäsche.
Wie bei der Darmstädter Uraufführung stammen die farbenfreudigen Kostüme (der Frauen) von Bjanka Adizic ov, für die sparsam möblierte Bühne ist Corina Krisztian verantwortlich. Lin setzt auf oberflächliche Unterhaltung, gibt dem Tanz wenig Raum, doch dem Publikum Zucker und erntet freudigen Applaus.
Für die kommende Saison bereitet Mai Hong Lin, Darmstadt endgültig hinter sich lassend, ihre Sicht der klassischen Geschichte vom Nussknacker und dem Mäusekönig zur Musik von Peter I. Tschaikowsky vor. Premiere ist am 11. Oktober.
Blind Date, Tanzstück von Mei Hong Lin über Begegnungen. Mit einer musikalischen Collage. 6. Juni 2014, Blackbox, Musiktheater Volksgarten.