Beinahe zwei Jahre war “Mini*Tauros“ vom Tanz*Hotel in der Pipeline, bevor es nun nach mehrmaligem Verschieben endlich zur Premiere kam. Die Durststrecke war schwierig, besonders für die mitwirkenden Kinder, denn es gab in dieser Zeit auch lange kein Training. Und doch haben sie nichts von ihrem Enthusiasmus eingebüßt und lieferten – unterstützt von erwachsenen Performer*innen – eine rundum gelungene Aufführung ab.
Dass in diese Minotaurus-Sage auch die Pandemie einfließt, fühlt sich ganz organisch an: der Menschenstier wird zum Covid-19 Virus, dem Theseus und seine Crew, die aus Athen über das Meer nach Kreta gekommen sind, den Garaus machen wollen. Die Erklärung dafür liefert das Programmheft: Sowohl das Wesen der griechischen Mythologie als auch der Virus stellen uns vor rätselhafte Probleme, zwischen denen wir wie in einem Labyrinth herumirren.
Die Dramaturgie schafft es geschickt zwischen den unterschiedlichen Erzählebenen zu wechseln, kurzfristige Verwirrungen tragen dem Thema noch zusätzlich Rechnung. Am Ende ist es aber nicht der Ariadnefaden, der uns den Weg aus dem Labyrinth weist. Vielmehr verwandelt sich das besiegte Ungeheuer sogar in das befreiende Gegenmittel – als Impfstoff fährt es mit den Athenern zurück.
Das Tanz*Hotel-Team hat die antike Sage mit Texten, Tanz, Musik und einem genial einfachen Bühnenbild, einem Labyrinth aus Plastik-Getränkekisten, für Kinder ab 8 Jahren altersgerecht inszeniert. Bert Gstettner, der für die Choreografie, das Buch, die Regie und das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, gibt selbst mit verschiedenen Schlaginstrumenten den Ton an. Die Musik bestimmt den Rhythmus der Performance, als Chorgesang der Kinder und Performer*innen, als dramatische Perkussion oder mit abstrakten Soundgebilden. Die furchtlosen Athener sind mit einer Art Kriegsbemalung und futuristisch-archaischen Kostümen (Hanna Adlaoui-Mayerl) ausgestattet, die die Entschlossenheit der jungen Kämpfer unterstreichen, die sich gleichzeitig mit großer Empathie um den von Theseus verletzten (oder erlegten) Minotaurus kümmern. Dieser wiederum ist in seiner wilden Kostümierung als Stier, aber auch als Coronavirus erkennbar.
„Mini*Tauros“ bietet in einer kurzweiligen Stunde einen erfrischenden Einblick in einen alten Mythos, der das junge und jung gebliebenen Publikum gleichermaßen zu überzeugen vermochte.
Tanz*Hotel: „Mini*Tauros“ , Premiere am 7. Oktober im Dschungel Wien. Weiter Vorstellungen bis 11. Oktober