Wenn gekonntes Spiel mit Worten auf ebensolches mit Puppen und gleichermaßen qualifiziertes mit Tönen trifft, dann füllt sich das Grazer Opernhaus bis zum Anschlag und leert sich erst nach Standing Ovation und drei Zugaben. So geschehen beim dortigen Aufeinandertreffen von Texten Georg Kreislers, vom Puppenspiel Nikolaus Habjans und den musikalischen „Anverwandlungen“ der Musicbanda Franui.
Das Publikum wusste nach den Erfahrungen vor einem Jahr mit eben diesen ausführenden wunderbaren Künstlern und ihrer Präsentation von „Doch bin ich nirgend, ach! zu Haus“, worauf sie trotz des Programmtitels „Alles nicht wahr“ zählen konnten. Und diese Erwartung wurde schon bei der launigen Anmoderation durch den Trompeter und Leiter der international erfolgreichen Musikergruppe aus Osttirol, Andreas Schett, erfüllt, der die Entstehungsgeschichte des angekündigten Liederabends „hochwissenschaftlich“, unterhaltsam wiewohl, aber eben getreu des Titels mit kleiner Unwahrheit darlegte.
Jedenfalls in der Erinnerung von Ladybug, die alsogleich aus dem Off protestierte, und die hiermit endgültig zum letzten Mal auf ihrer seit 17 (oder doch nur 15) Jahren andauernden Abschiedstournee auf die Bühne kam und in umwerfender Manier ebendort stand; oder müsste man wahrheitsgemäß sagen: auf dieser von ihrem Puppenspiel-Meister Habjan gehalten und geführt wurde? Egal, denn auch für diese doch offensichtliche Tatsache gilt: alles nicht wahr. Denn da singt eine in Würde gealterte Lady mit Hingabe und Temperament, ausdrucksstark und feinsinnig, erzählend und klagend, verträumt und nachdenklich Lieder des großen, ebenso kritischen wie humorvollen Georg Kreislers. Wie dieser setzt sie wohlüberlegt ihre Gesten, weiß sie ihre Mimik ins Spiel zu bringen, SIE; denn auch wenn da immer einer neben oder hinter ihr ist – „geh’n sie da weg!“ „Geht nicht“ – es tut nichts zur Sache:
Diese Puppe lebt, ist lebendig nicht nur, wenn Habjan hinter ihr weitgehend verschwindet, sondern auch, wenn er ihr als kurzzeitig 2.Protagonist erklärt, wie denn das so ist mit „Meine Freiheit, deine Freiheit“ oder mit ihr Walzer tanzt; und erst recht, wenn SIE (nicht Habjan) hartnäckig argumentiert, kurz erzählt oder eben eines der bekannten Kreisler-Lieder zum Besten gibt.
Perfekt eingespielt sind sie, die beiden, aufeinander; sogar ihre (oder sind es doch seine?) Socken sind farblich auf ihre Federboa abgestimmt. Und dass Tagesaktualität wie eine Gemeinderatswahl an einer hochintellektuellen Dame wie sie nicht spurlos vorbeigeht: „Kunstförderung – schon einmal angesucht? Vielleicht ändern die Kommunisten nun was. Wir haben extra den dunkelroten Vorhang…“ - wen wundert es! Aber ausnahmslos alle erfreut es, begeistert es.
Wie insgesamt dieser so fein in seinen Künsten aufeinander abgestimmte und einander bereichernde Abend.
„Alles nicht wahr. Ein Georg Kreisler Liederabend“ am 26.September 2021 im Opernhaus Graz.