Actionreichen Totentanz mit Klapperskeletten und Motorsägen. Wo Holzinger darauf steht, sind stets Getöse, Körpersäfte und Action darin. Dante Alighieris Reise ins Totenreich wird hier in der Halle E des Museumsquartier Wien als "A Divine Comedy" zum hypnotischen Traum der Akteurin Annina Machaz, die im Prolog von einer Hypnotiseurin in Trance versetzt wird. Sie muss auf Geheiß im Wachschlaf zu Dante werden und Hölle, Purgatorium und Paradies durchlaufen.
Es beginnt mit einem Satz Dantes, der jedoch verkörpert wird: „Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!“. Machaz entkleidet sich zuerst, denn bei Holzinger sind alle immer nackt. Nur ein rotes Käppchen samt Umhang à la Dante trägt sie. Sich bückend entkommt ihrem nackten Gesäß ein mikrofonisch verstärkter Furz, ein Startschuss, es höllisch krachen zu lassen. Und schon beginnen die Höllenqualen, denn Machaz verbalisiert das dringende Bedürfnis zu defäkieren. Drei Toilettenhäuschen rollen heran und spielen Fangen mit ihr, bis sie endlich in eines gelangt. Dort wartet der Schlund zur Hölle in der Kloschüssel.
Bei Holzinger geht es immer auch sportlich zu, und diesmal hat sie sich dem Hürdenlauf verschrieben. Man läuft und springt, immer wieder aufs Neue. Derweilen fährt eine Gestalt mit der Motorcross-Maschine ständig dazwischen, das könnte Luzifer sein, Herr des Infernos. Zu den Sisyphos-Qualen, die Dante den Sündern auferlegt, gehört auch, Holz mit lauten Motorsägen zu zerkleinern. In diesem Sinn müssen auch zwei Frauen immer wieder von einer Freitreppe rollen.
Wieder dabei ist auch die achtzigjährige Neumeier-Tänzerin Beatrice Cordua, die wegen ihrer Parkinson-Erkrankung im Senioren-E-Scooter angefahren kommt und sich als „Beatrice“ vorstellt. Sie will jedoch Dante nicht wie dessen Beatrice liebevoll das Jenseits zeigen, sondern möchte ihren eigenen Tod vorbereiten. Dazu braucht sie Blut, das Holzinger höchstpersönlich einer Tänzerin abnimmt. Auch Fäkalien sind erforderlich, frisch und synchron defäkiert von fünf Tänzerinnen. Weiters gibt es Masturbation, Orgasmus, sezierte Tiere, Gesang, Skelette und Autos an der Decke Endlich erweckt die Hypnotiseurin Machaz wieder, coole Partymusik ertönt und es ist aus.
Die „Göttliche Komödie“ bietet einen Assoziationsraum für Holzinger, den sie punktuell gut, aber insgesamt zu oberflächlich nutzt. Das ist die Schwachstelle dieser theatral arbeitenden Choreographin, deren Arbeiten oft eine interessante Grundidee haben. Und leider bleibt sie ästhetisch meistens dem Nummernprinzip der Revue verhaftet, was schade ist.
Florentina Holzinger: „A Divine Comedy" am 22. Oktober 2021 im Tanzquartier Wien. Nächste Vorstellung am 23. Oktober.