Tanz Graz, eine Initiative lokaler KünstlerInnen, bietet mit „Open Stage“ einen Möglichkeitsbereich zeitimmanenter Bewegungssprache. Auf den Call trafen 14 künstlerische Angebote ein, formierten sich und präsentierten gemeinsam ein abendfüllendes Programm zeitgenössischen Tanzes und performativer Kunst.
Tanz Graz vertritt die Interessen im Tanz- und Performance-Bereich und möchten „die Situation des zeitgenössischen Tanzes in Graz und in der Steiermark verbessern und stärken“. Dies passiert – ein wenig im Hintergrund – nunmehr seit Jahren in Form breitgefächerter Informationen, Vernetzungsarbeit und Beratungen, die sich auf ein gutes regionales wie nationales Netzwerk stützen, so wie und vor allem auf Ausbildung- und Trainings-Programmen.
An und mit diesem Abend – er findet in dieser Form erstmals wieder seit 2020 statt - zeigte sich nun aber auch überzeugend in der Öffentlichkeit, dass die Vermittlungs- und Unterstützungsarbeit von Tanz Graz und all ihren Partnern gegriffen hat, dass eine Tanz-Szene in Graz im Entstehen ist: Die Zuschauerreihen im Kristallwerk, dem Grazer Spielort der freien Szene, war nicht nur bis auf den letzten Platz gefüllt, es war auch erstmals seit langem eine solidarische Atmosphäre des Engagements und der Begeisterung der teilnehmenden (und zusehenden) KünstlerInnen und Interessierten für den zeitgenössischen Tanz zu spüren, das Bestreben nach weiterer, intensiverer Zusammen- und Aufbauarbeit zu ahnen.
Und nicht zuletzt bot das Programm dem buntgemischten Publikum eine informative und durchaus sehenswerte Bandbreite von dem, was zeitgenössischer Tanz und Performance zurzeit bieten kann. Präsentiert von 42 TänzerInnen, zu denen sowohl Profi-Tänzerinnen wie solche zählen, die am Beginn einer angestrebten Tanzlaufbahn stehen. Dass die eine und andere Darbietung daher noch ein wenig in der Erprobungsphase steckt, Feinschliff oder so manche Schärfung in Form und Aussage nötig wären, zu erfahren respektive zu ertanzen sind, tut dem keinen Abbruch; dem, was dieser der Szene zur Verfügung gestellte „offene Raum“, wie Margret Hausegger (Geschäftsführung Tanz Graz) in ihren Eröffnungsworten formulierte, bewirken kann und soll: Er soll Öffnung und Ansporn für Weiteres im Möglichkeitsbereich zeitimmanenter Bewegungssprache sein.
Diese erstreckt sich von dem mit Butoh assoziierbaren, meditativen und den Abend abschließenden (vielleicht manchen irritierenden) Input von Anna Major; bis zur eröffnenden, leichtfüßig-fröhlich das Publikum an der Hand mitnehmenden Gruppen-Choreographie „Freedom“. Im Kontrast zum folgenden „not your ENEMY“ der Cie von Dance AcadAIMée: In beige getönten Einheitskostümen bewegen sich geschmeidig hektisch tanzend, laufend, flüchtend, ankommend, ziel- und haltlos oder doch zielgerichtet, zeitweise gelockert Gestalten um eine (Stoff-) Wand; visuell reduziert und doch von eindringlicher Emotionalität zum Nach-Denken. Während man sich bei Susanna Rechbergers „YOUTH“ vor allem wohlig in die Schönheit professionellen Tanzes hineinkuscheln kann. Ein packendes Tanz-Narrativ lässt Marianne Resch miterleben. Um anschließend, bei „L‘ Aimée“ von Aimée Natter-Fröhwein, ein Kribbeln auf der Haut zu spüren: trotz oder wegen der ungewöhnlichen und klaren tänzerischen Handhabung divergierender Gefühle. Mit vergleichbarem Tiefgang und theatralem, präzisem Können fasziniert Nimrod Poles als Getriebener, Ver-Suchender in der Choreografie Filip Löbls. Mit feinnervig Minimalistischem packt Sonja Stojanović-Aufreiter in „PLAY-RE-PLAY“, einem Gastauftritt aus Linz: Ein Körper, der die ihm ureigene Sprache zu suchen scheint.
Einen mitreißenden Aufschrei gegen Einschränkung und für Individualität gestaltet Sarah Zurl mittels meditativer wie auch explosiver Ausdrucksstärke. Mit schräg-absurder Eigenwilligkeit überzeugt der ‚Contact-Pas de trois‘ von Ana Cvelfar, Kaja Vajdetic & April Veselko in ihrem Gastauftritt aus Maribor. Lucia Steidl performt, was das Zeug hält, rund um Befindlichkeiten: ein kluger wie mutiger Augenschmaus für sich. Und Thora Hohberg öffnet mit unaufgesetzt frecher Unbekümmertheit ein (unfertiges) Performance-Fenster auf die Welt der Jugend: frustrierte Langeweile respektive illusionslose Auflehnung kann also auch sehr unterhaltsam sein. Die geführte Bewegung der hier gezeigten unterschiedlichsten Art war es jedenfalls durchgehend!
Tanz Graz: OPEN STAGE Ein Abend der freien zeitgenössischen Tanz- und Performanceszene am 25. Jänner 2024 im Kristallwerk Graz