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72EroeffnungDas biennale Theaterfestival für junges Publikum, „spleen*graz“, hat in seiner nunmehr bereits 10. Ausgabe bei einer Gesamtauslastung von 92 Prozent wiederum viele bewegt: Zu acht Spielorten und im öffentlichen Raum in der Stadt, wo regionale wie internationale KünstlerInnen aus 16 Ländern in 18 Sprachen 34 Produktionen auf die Bühne zauberten.

Und es hat damit auch so manches Gemüt, ob jung oder alt, bewegt: überraschend, aufwühlend, befremdend, unterhaltsam, interaktiv, anregend, berührend, perspektivisch neu und vielleicht auch motivierend und nachhaltig. Jedenfalls überaus vielfältig, sowohl formal wie thematisch, und immer darauf bedacht, ein „pluralistisches Gesellschaftsbild“ aufzuzeigen, bewusst zu machen, wie bei der locker-launig unterhaltsamen, nichtsdestoweniger informativen Eröffnung vom Gründungsduo Hanni Westphal und Manfred Weissensteiner und ihrem Festival Team betont wurde.72Sport

„Lasst uns reden“ lautete das diesjährige Motto und galt nicht nur für die loungige Festivalzentrale und die Möglichkeit, sich nach den Stücken mit den Künstlerinnen auszutauschen, Fragen zu stellen, sondern, in erweiterter Weise, auch im Rahmen von spleen*trieb, wo die Jungen, die „next generation“, das Sagen hatten: Wo sie also in künstlerischer Form das Gespräch zu und über ihre Themen eröffnen, Formen künstlerischer Kommunikation ausprobieren konnten. So etwa in der kurzen 0utdoor-Szene „Es lebe der Sport“,  einer mutigen Fragestellung, ob und inwieweit Kunst und Sport etwas Verbindendes haben. Realistischerweise lautet dynamisch und reißerisch-humorvoll, mit angedeuteter Zeitkritik aufgetischt die Antwort: man stehe in Konkurrenz – that’s it.

72ChoreographyEine ganz andere Möglichkeit des Miteinander-Redens, des Miteinander-in-Kontakt-Kommens und -Seins regt die schwedische Produktion „The Choreography“ (ab 10+) an: Weder Tänzer noch Schauspieler sind hierbei auf der Bühne, sondern das mit Kopfhörern ausgestattete und in kleine Gruppen aufgeteilte Publikum. Dieses erhält akustisch Anweisungen zu einfachen, kleinen Aktionen: im Kreis gehen, sich hinsetzen, dem Gegenüber zuwinken etc. Bei aller Einfachheit der angeregten Aktionen fordert es grundsätzlich ein gewisses Zusammenspiel aller Beteiligten, die Aufmerksamkeit füreinander, die Konzentration auf das Gelingen einer Kontaktaufnahme miteinander. Besonders gelungen die Aufforderung an einen Teil, etwas (einen Becher) zu gestalten verbunden mit der Aufforderung an den anderen Teil, diesen anschließend, zum Zeichen der Anerkennung, mit einer kleinen Aufmerksamkeit zu füllen. Insgesamt könnten die Anweisungen etwas reduzierter sein, um derart individueller Kreativität etwas mehr Raum zu geben.72Waschmopp

Mit bezaubernder, fantasieanregender Einfachheit fesselt Marc Lacourt (Frankreich) in „Der Wischmopp des Monsieur Mutt“ 45 Minuten lang nicht nur die Kinder ab 4. Der (ausgezeichnete) Tänzer lässt Alltagsgegenstände und damit den Alltag zu etwas Künstlerischem werden; ‚ganz einfach‘, indem er Gewohntes auf den Kopf stellt, ‚normale‘ Erwartungen nicht erfüllt; indem Gegenstände Eigenleben entwickeln, mit denen es umzugehen gilt; insbesondere mit dem aufmüpfigen Mopp.

72BodyBoomBoomWie mit ‚Unbekanntem‘ umzugehen ist, erproben auch Pinsker + Bernhardt (Deutschland) in „Body Boom Boom Brain“ (12+). Sie versuchen, das Phänomen der Pubertät zu ergründen. Sie tun es atmosphärisch ziemlich ungewohnt, ja schräg und damit in gewisser Weise thematisch stimmig. Vielleicht aber doch, bei allem vorhandenen Witz, aller sympathisch überzogener Verunsicherung und komödiantischer Übertreibung, etwas eindimensional und so manches Mal auch (zu) derb.  

Eröffnet wurde das (hier an wenigen Beispielen und damit unvollständig charakterisierte) Festival mit „Sing me a Love Song“ (14+). Junges Theater Basel (Schweiz) unternimmt hier das Wagnis, mit 6 KünstlerInnen den Schlüssel zum immerwährend ‚unentschlüsselbaren‘ Thema Liebe zu finden. Sie tun es mit heutigem, jugendlich engagierten Enthusiasmus; sie tun es mit darstellerischem Können. Und sie tun es vor allem mit berührender, emotionaler Offenheit. 72Lovesong

Keine, keiner von ihnen ist als Individuum wirklich greifbar; sie verkörpern schon eher die gelebten und empfundenen Beziehungs-Klischees unserer Zeit; kaum ein Thema wird ausgelassen und daher freilich nur etwas oberflächlich gestreift. Und doch ist da, neben der gekonnten Dramaturgie, etwas von Authentizität zu spüren – das größtenteils junge Publikum quittierte mit großer, lauthals und langem Klatschen geäußerter Begeisterung.  

Spleen*graz, 10. Internationales Theaterfestival für junges Publikum, 18. bis 24. April 2024

 

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