MAD – Mixed-Abled Dance, das Vorzeigeprojekt für inklusive Kunstpraxis, hat Verstärkung durch den Österreichischen Alpenverein bekommen. Im Rahmen des Schulprojektes „Mellow Yellow“ sollen bis 2030 100 Mixed-Abled Kunst Teams plus 100 Mixed-Abled Sport Teams mit Kletterworkshops an Österreichs Schulen aktiv sein, und damit gelebte Inklusion praktizieren.
Dass die Präsentation dieser Kollaboration im Rahmen der Ausstellung „Joseph Beuys. Denken. Handeln. Vermitteln“ im Belvedere 21 stattfand, war eine logische strategische Entscheidung. Denn obgleich die Kunst des Joseph Beuys nur in seinem zeitlichen Kontext zu begreifen ist, so ist seine Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Zuständen und Entwicklungen keineswegs überholt. Diesen Aspekt hoben auch die Direktorin des Belvedere Stella Rollig und Harald Krejci, der Kurator der Ausstellung, in ihren einleitenden Worten hervor.
War Beuys in den 1960er und 1970er Jahren kritisch gegenüber der „Komplizenschaft zwischen Staat und Finanzwirtschaft“, wie würde er wohl heute auf den Turbokapitalismus reagieren, der alle unsere Lebensbereiche fest im Griff hat? Jedenfalls wollte er die Gesellschaft durch Kunst demokratisieren, und vertrag die Auffassung, dass jeder Mensch Künstler sei. „Er war davon überzeugt, dass es für eine tiefgreifende Veränderung unseres Zusammenlebens die Initiative aller Menschen benötigt. Solange eine Mehrheit sich gegen eine Minderheit durchsetzt, können 'verhärtete Strukturen' nicht aufgebrochen werden“, heißt es in einem Begleittext zur Ausstellung.
1989 sprach der damals als radikal eingestufte Künstler bei einem Wien-Aufenthalt mit dem damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky über die Einrichtung eines Forschungsinstituts für Kunst und Gesellschaftsgestaltung – eine Idee, die bisher noch nicht realisiert wurde, aber auch heute durchaus berechtigt ist. Denn gerade seit Beginn des 21. Jahrhunderts wirken KünstlerInnen vermehrt in gesellschaftlichen Bereichen wie Gesundheit, soziale Gerechtigkeit oder Inklusion.
In diesem Sinne sind Initiativen wie MAD eine Verkörperung des Beuysschen Konzeptes der „Sozialen Plastik“, die durch ein kollektives Miteinander entsteht. Denn das Künstlerkollektiv um Cornelia Scheuer, Elisabeth Löffler, Vera Rosner und Frans Poelstra beabsichtigen mit ihren künstlerischen Aktionen ebenfalls gesellschaftliche Veränderungen einzuleiten. (Siehe auch: "MAD - zurecht gerückt" auf tanz.at.) Mit dem Schulprojekt MellowYellow sollen Vorurteile abgebaut und Horizonte erweitert werden, und damit ein Prozess eingeleitet werden, der zu einer selbstverständlichen Inklusion von Menschen mit Behinderung führen soll. Dass dafür gesetzliche Maßnahmen, die diese Gleichberechtigung ermöglichen, notwendig sind, versteht sich von selbst.„MellowYellow redet nicht über Inklusion, MellowYellow bringt sie einfach mit“ lautet eine Maxime von MellowYellow.
Wie das funktioniert, zeigten während des Pressegesprächs Elisabeth Löffler und Frans Poelstra mit einer kurzen performativen Intervention – ganz im Sinne von Beuys – und in Anlehnung an dessen lakonischen Humor – konstatierte Löffler immer wieder den Kunstgehalt ihrer Aktionen.
Auch eine Choreografie von Silke Grabinger mit dem Rollstuhl-Tänzer Adil Embaby illustrierte die Ausgangsidee blendend. Die Bewegungen ihrer Beine spiegelte er mit seinen Armen und seinem Oberkörper, ihre Beine wurden zu seinen, sein Rollstuhl zu ihrem Fortbewegungsmittel – eine Verschmelzung von Abilities, ein Duett der Gegensätze, die sich harmonisch ergänzen.
Für das Schuljahr 2021/22 für Schulen 99 Aktionstage an, die bis 5. Juli gebucht werden können. Für Schulen fallen dabei keine Kosten an. www.mad-dance.eu
Das nächste „Jattle, Bam & Poetry“ Event findet wieder statt: am 21. Juni, dem einzigen Fussball-freien Tag der EM treffen sich TänzerInnen, MusikerInne und PoetInnen im Albert Schweizer Haus in Wien 9.