Pin It

martind kreutzersonataIm Duo mit Irene Bauer tanzt Martin Dvorák zwei Dialoge zwischen Mann und Frau, begleitet von der musikalischen Konversation zwischen Klavier und Geige. Bauer und Dvorák, beide tanzten unter der Ägide des verstorbenen Choreografen und Ballettdirektors Jochen Ulrich im fabelhaften Ensemble des Linzer Landestheaters, bieten als Gäste  im Wiener Theater Brett, einen aufregenden, genussvollen Abend.

Martin Dvoráks Körpersprache ist exzeptionell. Als ausgebildeter Balletttänzer, nicht nur in Linz sondern davor schon am Landestheater Tirol, an der Wiener Volksoper und dem Prager Kammer Ballett / Ballett Prag viel beachteter Solotänzer, hat er für zeitgenössischen Bühnentanz ein ganz eigenes Vokabular entwickelt, das weniger von den Beinen und Füßen ausgeht, als von der Körpermitte, dem Brustkorb und dem Rückgrat samt Armen und Händen. Er biegt und dreht und beugt den Rumpf, wie es mitunter in arabischen Tänzen zu sehen ist und schlägt auch durch seine Mimik das Publikum in Bann. Auch an das klassische Ballett flüchtig erinnernde komplizierte Hebefiguren und die im neoklassischen Tanz zu sehenden Verwicklungen und Verschlingungen der Beine, liegen Dvoráks Bewegungskatalog zugrunde.

In den beiden gezeigten Choreografien musste sich auch Irene Bauer (12 Jahre Mitglied des Ballettensembles der Wiener Staatsoper, später Solistin in Ulrichs Linzer Ensemble) diesem extensiven, neuartigen Vokabular beugen. Sie zeigt  mit ihrem Part sowohl Kontrast als auch Spiegel, sowohl Konsens als auch Konfrontation und erhöht die Spannung in der Choreografie.

„Kreutzersonate“ ist ein aufregender Pas de deux zu den drei Sätzen von Beethovens bekanntem Musikstück für Violine und Piano. Obwohl keine Geschichte erzählt wird, gibt es doch Anklänge an die Entstehungsgeschichte von Beethovens Werk und auch an die davon inspirierte gleichnamige Novelle von Leo Tolstoi, in der der Dichter von einem Eifersuchtsmord erzählt. Als unheimlicher Magier kann aber Dvorák seine Partnerin wieder zum Leben erwecken. Ein glückliches Ende gibt es, trotz eines kurzen, heiteren Beisammenseins, für das Paar dann doch nicht. Vermutlich ist Beethoven schuld.

„Emoticon“, der zweite Teil des Abends, wird ebenfalls im Duo getanzt, hat aber einen anderen Ansatz. Hier mischen sich unterschiedliche Musikstile – Elektronisches von Tom Hodge / Franz Kirman und Fragmente der „Gymnopedie“ von Erik Satie –, was auch unterschiedliche Bewegungsstile erfordert. Struktur (Satie) versucht sich gegen frei schwebenden Sound durchzusetzen, die friedliche Konfrontation des Pianos solo mit dem vibrierenden Timbre der Komposition von Hodge und Kirman wirkt affektiv auf das Publikum, der Tanz der beiden Spitzentänzer bietet zudem ein ästhetisches Erlebnis.

„Emoticon“ könnte auch als Statement für Martin Dvoráks 2005 gegründetes Künstlerinnenkollektiv „ProART“ gelesen werden. Liegt doch der Fokus der Company im Finden gemeinsamer Wege von Tanz und Theater und dem Vernetzen der Ausdrucksformen, auch in Verbindung mit anderen Sparten der Bühnenkunst. Dvorák lädt auch internationale Choreografen ein, mit ihm zu arbeiten und möchte, obwohl keineswegs oberflächlich oder platt auf Unterhaltung zielend, für ein breites Publikum verständlich sein. Mit dem zweiteiligen Abend ist ihm und seiner Partnerin das wohl gelungen.

„Beethoven: Kreutzer Sonata _ Emoticon“, Zwei Dialoge zwischen  Musik und Tanz, Piano und Violine, Mann und Frau. 14. November 2014, Theater Brett, im Rahmen des  „Mitteleuropäischen Theaterkarussells 2014“ (10.–15.11.2014).