Von fremden Menschen und Ländern und den Drachenschiffen, mit denen der Chinese Zheng He die Welt entdeckt hat, erzählt Karin Schäfer und ihr Figurentheater auf wundersame Weise. In einer Kombination aus Trickfilm und lebendigem Spiel mit Musik wird Geschichte lebendig und Belehrung zur Unterhaltung für ein junges Publikum.
Der chinesische Geschichtsschreiber malt mit Pinsel und Tusche seine Zeichen aufs Papier und schon beginnen diese zu tanzen, verwandeln sich in ein Boot, werden zu vielen Schiffen mit roten Segeln. 300 Drachenboote fahren über die Meere. Eine nur durch die Seufzer und Piepser des Schreibers untermalte Ouvertüre zur Erzählung über die historische Figur Zheng He „Als die Drachenboote kamen“, realisiert und auf die Bühne gezaubert vom Karin Schäfer Figuren Theater.
Zheng He bereiste im 15. Jahrhundert, noch vor Kolumbus, von China aus die asiatische Inselwelt, den Orient, Afrika und auch Indien, nicht um die Welt zu erobern, sondern um Handel zu treiben, fremde Kulturen kennen zu lernen und seinem Kaiser die eingetauschten Schätze (darunter auch Giraffen und andere in China noch unbekannte Tiere) zu bringen. Die Flotte des Weltentdeckers war an Maßen der Schiffe und auch an Anzahl sehr groß, auch kannten die Chinesen bereits den Kompass als Navigationshilfe. Karin Schäfer hat ihn einer durch den Ozean paddelnden Schildkröte auf den Rücken gemalt.
Für die abwechslungsreiche Geschichtsstunde reist Zheng He im Film nach Arabien, Afrika und Siam (dem heutigen Thailand) und begegnet dort, als lebendige Figur auf der Bühne von Schäfer selbst dargestellt, den BewohnerInnen. Einem arabischen Astrologen und Arzt, einem afrikanischen Bauern und einer siamesischen Obsthändlerin. Sie alle müssen erst überzeugt werden, dass der Fremde in friedlicher Absicht gekommen ist und auch Schätze zum Tauschen mitgebracht hat. Obwohl die Menschen (im Film und auf der Bühne) unterschiedliche (Kunst-)Sprachen sprechen, können sie miteinander in Kontakt zu treten und einander schließlich auch verstehen. Sie tauschen nicht nur Handelsgüter sondern auch Wissen. Perfekt gelingt Schäfer und ihrem Team die Kommunikation zwischen der lebendigen Figur auf der Bühne und der Puppe Zheng He auf der Filmleinwand. Zum Träumen schön ist die filmische Auflösung der Übergänge, wenn die Drachenschiffe mit ihren roten Segeln am Horizont auftauchen und als geschlossene Flottille immer näher rauschen.
Für die besuchten „Fremden“ hat sich Karin Schäfer Halbkörpermasken gebaut, die sie mit einer Hand vor Gesicht und Oberkörper hält. Auf offener Bühne verwandelt sie sich von der Erzählerin in ihre Figuren. Perfekt gestikuliert sie mit einer Hand und zeigt auch im (Masken-)Gesicht Mimik. Wenn die Filmfigur Zheng He sein Schatzkästchen dem neugierigen Afrikaner auf der Bühne übergibt, ist von der komplizierten Technik nichts zu merken. Gernot Ebenlechner hat die unaufdringliche Musik komponiert. Für Technik, Lichtdesign und die praktikable Bühnenmöblierung ist Peter Hauptmann verantwortich.
Übrigens ist die Historie (aufgeschrieben vom mitreissenden Übersetzer und Schreiber Ma Huan) auch europäischen LeserInnen als Märchen von „Sindbad, dem Seefahrer“ bekannt. So erlebten die gebannten Volksschulkinder poetischen Geschichtsunterricht, reales Abenteuer und spannendes Märchen zugleich.
„Zheng He. Als die Drachenschiffe kamen“, 19.11. 2010, Dschungel Wien
Reprisen im Dschungel Wien: 29.3. bis 1.4.2011