Trude Fleischmann (1895–1990) gehört zu den großen Fotografinnen des 20. Jahrhunderts. Mit einem üppigen Bildband und einer Ausstellung im Wien Museum wird die Wienerin, die mit den Nacktfotos von Tänzerinnen Furore gemacht hat, nun gewürdigt.
Trude Fleischmann war eine jener selbstbewussten jungen jüdischen Fotografinnen, die nach dem Ersten Weltkrieg in Wien eigene Studios eröffneten und in einem Männerberuf Karriere machten. Trotz der Häme mancher Kritiker (und Konkurrenten) verlief ihre Karriere steil nach oben. Bis die Nazis kamen. Da musste sie ihr Studio in der Ebendorfer Straße , das sie bereits mit 25 Jahren eröffnet und zu einem Zentrum des Wiener Kulturlebens gemacht hatte, schließen. Im September 1938 gelang ihr die Flucht aus Österreich. Über Paris und London erreichte sie im April 1939 New York, wo sie mit Hilfe ihrer Freundin Helen Post bald wieder als Fotografin anerkannt war. Schon 1940 eröffnete sie im Theaterbezirk Manhattans ein Atelier und fotografierte wieder Künstlerinnen und Intellektuelle.
Trude Fleischmann war nicht nur eine erfolgreiche Porträtfotografin, sondern auch eine begnadete Networkerin. So bot sie Prominenten an, sie kostenlos zu fotografieren. Als Gegenleistung konnte sie die Aufnahmen für Werbezwecke verwenden. Bald war das Atelier Fleischmann in Wien en vogue, wer sich mit der Kamera porträtieren lassen wollte, ging zur Fleischmann. So richtig berühmt wurde sie aber durch ihre Bewegungsstudien von Tänzerinnen. Fleischmann inszenierte ihre Fotos richtiggehend und ließ die Tänzerinnen die Bewegung lediglich simulieren. Einen Höhepunkt ihrer (Wiener) Karriere erreichte sie mit den Fotos der Tänzerin Claire Bauroff, deren eingeölten hellen Körper sie stark kontrastierend vor einem schwarzen Hintergrund platzierte. Eine Wende in der Aktfotografie.
Fleischmann plädierte für die Darstellung einer natürlichen Nacktheit und benötigte keinen künstlerischen Vorwand, um den weiblichen Körper zu zeigen „wie Gott ihn schuf“. Illustrierte und Magazine rissen sich um diese Fotos, die auch in der Fachpresse ausgiebig kommentiert wurden. In der Mitte der „wilden 20er“ waren die Aktfotos der Fleischmann Stadtgespräch in Wien und Berlin. Der Skandal den sie verursachte, als ihre Bilder von Claire Bauroff in der Auslage des Berliner Admiralpalasts, dem Varietétheater, in dem die Bauroff auftrat, ausgestellt wurden, konnte ihr nicht schaden. Das Einschreiten der Polizei, die die freizügigen Fotos beschlagnahmte, erhöhte nur den Bekanntheitsgrad der Fotografin und ihres Modells.
Als gegen Ende der 20er Jahre die Wirtschaftskrise und damit der konservative Gegenschlag über Österreich hereinbrach, passte sich Fleischmann schnell den Markterfordernissen an, fotografierte knorrige Bauern und erhabene Berglandschaften.
In Amerika holte sie wieder Künstlerinnen und Intellektuelle vor das Objektiv, arbeitete jedoch sehr viel außerhalb des Ateliers. Die berühmten Fotos von Albert Einstein und Arturo Toscanini etwa sind im Freien entstanden. Trude Fleischmann ist 1990 in Brewster / New York gestorben.
„Trude Fleischmann – Der selbstbewusste Blick“, eine Ausstellung im Wien Museum, Karlsplatz, 1040 Wien. 26. Jänner bis 29. Mai 2011, Dienstag bis Sonntag und Feiertag, 10 bis 18 Uhr. www.wienmuseum.at
Trude Fleischmann. Der selbstbewusste Blick,
Hg.: Anton Holzer und Frauke Kreutler,
Hatje Cantz 2011
Hardcover: ISBN 978-3-7757-2780-8
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