Sein, Wahrnehmen, Verstehen, Ahnen – vier Begriffe, die nicht nur die Arbeit des Serapions Ensembles begleiten, sondern sich auch aus der hebräischen Schreibweise deuten lassen. Davon ließ sich das Ensemble unter Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits für das neue Stück „PaRaDiSo“ inspirieren. Entstanden ist eine wahrhaft paradiesische Bilderflut in erdigen Farben und Goldtönen mit orientalischer Musik, Tanz und Gesang. Ein echtes Geschenk zum 25. Geburtstag des Odeon-Theaters.
Im Hebräischen werden die Vokale nicht geschrieben, doch jeder Konsonant hat eine eigene Bedeutung. PRDS, die Konsonanten des alten persischen Wortes für einen umgrenzten Raum (wohl schön, aber versperrt), stehen für das Sein, das Wahrnehmen, das Verstehen und das Ahnen. Damit müssen sich jedoch die ZuschauerInnen des neuen Tanztheaterstückes im Odeon nicht auseinandersetzen, denn aus der Inspiration ist in Zusammenarbeit des gesamten Serapions Ensembles ein Abend entstanden, der zum Denken und Träumen, zum Fürchten und Freuen verführt und mit seinen einprägsamen Bildern die reisenden in dieses „Paradies“, in dem auch Krieg und Armut, Hunger und Einsamkeit herrschen, in eine Art Trance versetzt.
Nicht nur die künstlerischen Fähigkeiten des Ensembles beeindrucken, sondern auch die technischen Zaubereien, die mit Licht (Michael Illich), den Textilmalereien Max Kaufmanns auf beweglichen Prospekten eindrucksvolle Effekte erzielen. José Antonio Rey Garcia und Julio Cesar Manfugas Foster haben den Tanz gestaltet und sich entsprechend der Ausgangsidee weitgehend an fernöstliche Bewegungstechniken gehalten. Die beiden Gedichte Federico García Lorcas,, die der Kubaner Julio Cesar Manfugas Foster vertont hat, rahmen den Abend ein, dazwischen erklingen Lieder aus den Heimatländer der Ensemblemitglieder (Kuba, Argentinien und Kolumbien), die Namfugas Foster und Marcelo Cardoso Gama einstudiert haben. Erwin Piplits ist für die Musikmontage verantwortlich. Die Bühnenraum hat er gemeinsam mit Ulrike Kaufmann gestaltet.
Obwohl keine Geschichte erzählt wird und der rote Faden, den der Einzelgänger (die Fremde, der Bettler, die Ausgestoßene) anfangs in der Hand hält, bald verloren geht, entstehen durch Tanz und Gesang einzelner oder des gesamten Ensembles immer wieder Assoziationen, die sich zu kleinen Geschichten zusammensetzen.
Die Bilder die über aus Sandsäcken und Polstern gebildeten hügeligen Wüstenlandschaft entstehen sind verschwommen, in Nebel oder braunes Dämmerlicht gehüllt. Erst gegen Ende, wenn sich der bemalte textile Prospekt an der Rückwand schwebend zum Baldachin erhebt und eine Art Thronsaal freigibt, wenn das Licht golden wird und der Baldachin sich zur Wolke und zum Segel wandelt, wird das diffuse Licht klar, jenseitiger Gesang ertönt und einen Augenblick lang wähnt man sich angesichts dieser präzisen und sauberen Arbeit tastsächlich im Paradies.
PaRaDiSo, Serapions Ensemble im Odeon. Premiere am 26. April 2013.
Gespielt wird täglich außer Sonntag, Montag um 20 Uhr.
Ausnahmen sowie die Namen sämtlicher Beteiligter entnehmen Sie bitte der Website.