Im Weltmuseum Wien begegnen einander der aus Japan stammende Wiener Performance-Künstler Michikazu Matsune und die kanadische Tänzerin und Sängerin Clara Furey. „The Night will come“ nennen sie die unterhaltsame Stunde, die bei Anbruch der Dämmerung ihren Anfang nimmt.
Noch schimmert der Abendhimmel durch das gläserne Dach in der prunkvollen Halle des Weltmuseums, wenn Clara Furey und Michikazu Matsune ihre rätselhafte Performance Beginnen. Wenige Stunden davor ist die Besetzung nahezu des ganzen Hauses durch Künstler und Künstlerinnen beendet worden. Eine spannende, komische, berührende „Besetzung“ (Occupy the Museum"), von ImPulsTanz initiiert, von Museumsdirektor Steven Engelmann goutiert, von den BesucherInnen überaus geschätzt und bestaunt. Ein neue Art ein Museum zu besuchen und auch die darin ausgestellten Schätze zu bestaunen wurde damit ebenso entdeckt, wie ein neuer Aufführungsort. Angeregt durch die Ausstellung „Getanzte Schöpfung“ über Tanz in Asien fanden unter dem Motto „ East-West Meetings“ Begegnung von KünstlerInnen aus Ost und West statt, um miteinander oder auch füreinander (und natürlich das Publikum) zu tanzen.
Der Faden ist nicht verloren, denn die letzten dieser Reihe waren, knapp vor dem endgültigen Ende des Festivals, das schon genannte überaus vielseitige Paar Furey–Matsune. Matsune ist übrigens mit seiner witzigen Arbeit „Buydentity Unkown“ auch in der Ausstellung selbst vertreten. Jetzt aber steht er als Säule auf dem schwarzweißen Bühnenboden, ahmt nie gehörte Tierstimmen nach und singt wie ein Schamane (ich glaube zumindest, dass ein Schamane solche Töne von sich gibt), danach gibt er Tipps für den Notfall. Damit wir ihn gut verstehen (wenn nicht, so sagt er, kann er auch nichts machen) hält Clara ihm das an einen knorrigen Stock gebundene Mikro hin. „In Case of …“ oder „If …“, Michikazu hat für jeden Notfall, und es sind viele, einen guten Tipp. „Wenn Sie jetzt gerne Ihre Kleider ausziehen wollen: Nur zu!." Oder: „Im Falle, dass Sie 25 € für diese Vorstellung gezahlt haben: Danke!" Eins noch: "Falls Sie keinen Elefanten in diesem Raum sehen: Stellen Sie sich einen vor! " Sehr entspannend, mit dieser Liste steht für jeden Schicksalsschlag ein Trostwort zur Verfügung.
Aber bald ist der Spaß vorbei und das Publikum wird in einen Zauberwald versetzt, in dem Ungeheuerliches geschieht. Nicht nur dass das Liebepaar beim Ausziehen gegen einen Sturm kämpfen muss und sich unverrichteter Dinge wieder in die Hüllen quält, die Liebende verwandelt sich in eine Hexe, die den Geleibten erwürgt. Zum Glück ist in der Stunde der Dämmerung nicht alles so, wie es scheint und der Tote und seine Mörderin werden zu behelmten Geistern, die allerhand Schabernack treiben. Später gibt die Sängerin Clara Furey ein Konzert mit selbst komponierten und getexteten Liedern. Schön! Ihr Stimmumfang ist beachtlich, von zart schmelzendem Soprangesang bis zu röhrendem Bass. Ihr Begleiter versucht sich mit Schellentrommel und Rassel zu beteiligen.
Die Performance oszilliert zwischen Magie und Ironie, zwischen Realität und Absurdität. Die Nacht ist hereingebrochen, die Stunde zu Ende, sogar die Ungeduld hätte mehr vertragen.
Abschließend ein Wort zum Abschluss des heuer besonders reichen Festivals: 119 Vorstellungen, 95 Prozent Auslastung, (etwas weniger als im Vorjahr, dafür mehr aufgelegte Eintrittskarten), 124.000 Festivalgäste (die BesucherInnen der Festivallounge und der Workshops mit eingerechnet). Festivaldirektor Karl Regensburger rechnet auch Zahlen vor und sagt, er sei „hochzufrieden.“ Nicht gezählt wurden die Nackten auf der Bühne, doch es waren viele. Das geheime Festivalmotto war: „Nur der nackte Körper ist ganz frei“.
Clara Furey & Michikazu Matsune: „Night Will Come“, 8. August 2013, Weltmuseum Wien im Rahmen von „East-West Meeting“, ImPulsTanz.
Getanzte Schöpfung – Asien zwischen den Welten“, noch bis 30. September 2013, Weltmuseum Wien, Neue Burg, Heldenplatz.