Mit Vladimir Shishov als verlässlichen Partner zeigte die blutjunge Corpstänzerin Nina Tonoli in Rudolf Nurejews Choreografie des beliebten Weihnachtsballetts „Der Nussknacker“ ihr beachtliches Talent. Mutig verteidigte sie als Clara inmitten des trotz der schwierigen Premiere am vergangen Sonntag bestens konditionierten Ensembles ihre Spitzenstellung.
Noch ist sie etwas steif in den Knien, noch etwas vorsichtig bei den Drehungen, noch sind Ecken und Kanten zu sehen und die Kraft muss behutsam dosiert werden. Schließlich ist die Tänzerin, die als Clara ihr erste große Solorolle mit dem Wiener Staatsballett tanzen darf, gerade mal 19 Jahre alt. Nina Tonoli darf mit ihrem Debut zufrieden sein. Vladimir Shishov (rätselhaft und unheimlich als hinkender Drosselmeyer, unerschütterlich als Prinz) ist der rechte Partner für eine sicher aufgeregte und etwas unsichere Debütantin. Er hält sie sicher, er hält sie warm. So sind besonders die beiden „Fisch“ genannten Figuren gut gelungen. Die in der vergangenen Saison unter 80 Bewerberinnen als einzige von Legris auserkorene Corpstänzerin steht bereits sicher auf der Spitze und besticht durch jugendlichen Charme und Liebreiz, besonders im ersten Akt als kindliche Clara, die mit der (so gar nicht niedlichen, etwas zu groß geratenen) hölzernen Nussknacker-Puppe so glücklich ist. Dass ihr auch der schwierige zweite Akt gelingt, ist nicht zuletzt Paul Connelly zu danken, der die Solos und den großen Pas de deux einfühlsam begleitet. Dass sie bei allem Premierenfieber nicht vergisst „ihren“ Prinzen verliebt anzulächeln, zeigt schon fast tänzerische Routine. Tonoli hat ihre Ausbildung an der Koninklijke Balletschool Antwerpen begonnen und mit Auszeichnung an der Royal Ballett School (London) abgeschlossen. Kaum engagiert, ist sie auch schon in aufgefallen: als Erste Brautjungfer in „Don Quixote“ (Juni 2013).
Den Charaktertänzen allerdings fehlte an diesem Abend etwas der übliche Schwung, lediglich die Russen (Solo Rafaella Sant’Anna) und die drei Chinesen (Marcin Dempc / Trevor Hayden, ebenfalls als "kleiner Nussknacker" im 1. Akt dabei / Richard Szabó) brachten etwas Leben auf die Bühne. Auch in der 2. Saison hat der „Nussknacker“ zur Musik von Peter Iljitsch Tschaikowsky nichts von seiner Ausstrahlung verloren und die mit Feuereifer präzise agierenden Kinder (Studierende der Ballettakademie der Wiener Staatsoper, Probenleitung Jasmin Avissar) öffnen gleich zu Beginn die Herzen im bis zum letzten Platz ausverkauften Zuschauerraum.
„Der Nussknacker „, Ballett nach Marius Petipa und Lew Iwanow, Choreographie und Regie: Rudolf Nurejew, gesehen am 18. Dezember 2013. Wiener Staatsoper.
Für die Folgevorstellungen gibt es kaum noch Restkarten.