Mit neun TänzerInnen des renommierten Cullberg Ballets aus Stockholm hat der Choreograf Jefta van Dinther eine magische Welt geschaffen, in der Tanz, Musik, Licht und Material gleichberechtigte nebeneinander existieren und das Publikum verzaubern. „Plateau Effect“ ist eine faszinierende Choreografie, die auch die Materie zum Tanzen bringt.
Ein Schiff namens Leben. Frauen und Männer tauchen aus der Stille auf, kämpfen mit dem Bühnenvorhang, singen synchron zum Playback eines melancholischen Songs („Friday Night“ von Chinawoman mit neuem Text des Choreografen), verschwinden wieder lautlos. Der Vorhang geht nicht hoch sondern wird von den TänzerInnen in das Geschehen auf der Bühne integriert. In gemeinsamer Schwerarbeit versuchen die gegen einen tosenden Sturm kämpfenden Körper auch die riesige Stoffbahn zu bewältigen, sie zu integrieren, etwas daraus zu konstruieren. Ich sehe ein Schiff, das hörbar knarzt und in den Wellen krängt, die Segel müssen gerafft werden, das gelingt nur, wenn alle zusammenarbeiten. Nicht nur die gegen alle Widrigkeiten kämpfenden Menschen müssen sich koordinieren, auch die Schnüre und Haken müssen synchronisiert werden, um das Schiff namens Leben über Wasser zu halten.
Musik (Sound Design: David Kiers), Licht (effektvoll eingesetzt von Minna Tiikkainen), Bühnenraum (SIMKA) und Choreografie verschmelzen zu einem Panorama mit stets wechselnden Bildern, die den Eindruck erwecken, man stehe selbst auf der Bühne, arbeite, renne, kämpfe, versuche immer wieder von Neuem das Ziel zu erreichen. Irgendwann ist der „Plateau Effekt“ erreicht. Nichts mehr geht, weder vor noch zurück, die Welt steht still. Ein Schrei und es wird finster. Schon aus? Wie schade!
Jefta van Dinther, 1980 in Utrecht geboren und in Amsterdam ausgebildet, arbeitet als freier Choreograf zwischen Stockholm und Berlin. Bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, zählt er zu den interessantesten Choreografen einer neuen Generation. Er beschäftigt sich vor allem mit der Beziehung zwischen Körper und Material und der Erforschung der Möglichkeiten des Körpers. In „Plateau Effect“, als Auftragswerk des Cullberg-Ballet für eine große Bühne konzipiert, möchte er durch die Schichtung, Verschmelzung und Egalisierung der Elemente einer Performance das Publikum aus dem Alltag in einen neuen, alle Sinne ansprechenden Raum heben, in einen Ausnahmezustand, versetzen, in dem die Fakten (nicht zuletzt die verblüffende Körperarbeit der Tänzer und Tänzerinnen), zur Fiktion werden. Der Choreograf bleibt bei den Fakten, Bewegung, Sound, Licht, Materie – die Geschichte dürfen wir uns selbst erzählen. Meine handelt von der gemeinsamen Arbeit und dem Kampf auf dem Schiff „Leben“.
Jefta van Dinther / Cullberg Ballet: „Plateau Effect“, 16. November 2013, Tanzquartier.