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marizaSo macht Operette Spaß! Wenn sie weder in dümmlicher Nostalgie schwelgt, noch sich krampfhaft um Aktualität bemüht. Regisseur Thomas Enzinger betont statt dessen den Unterhaltungswert des Genres und landet mit seiner Neuinszenierung von „Gräfin Mariza“ an der Volksoper Wien einen Publikums-Hit. Choreografin Bodhana Szivacz und dem Ausstatter Toto waren dabei kongeniale Komplizen.

Es beginnt wie ein Märchen, eines das der alte Diener Tschekko einem Kind erzählt, das Märchen vom verarmten Grafen Tassilo, der sich auf dem Gut der reichen Gräfin Mariza als Verwalter verdingen muss. Diese ist eine Zicke, die glaubt, dass alle Männer nur nach ihrem Geld trachten. In Tassilo begegnet ihr die wahre Liebe, doch bevor sie das begreift stehen wie in jeder guten Komödie eine Reihe von Irrungen und Wirrungen auf dem Programm.

Diese Rahmenhandlung ist ein einfacher Kunstgriff um Distanz zur schaffen zu der reichen und dekadenten Spaßgesellschaft der Zwischenkriegszeit, die hier nostalgisch portraitiert wird. Die Sehnsucht nach der „guten alten Monarchie“ sprich: der alten Gesellschaftsordnung, wird ebenso zelebriert wie die Dominanz, die die Herrschaft über „ihre“ Zigeuner ausübt – ausgedrückt in unsterblichen Schlagern wie „Grüß mir die süßen, die reizenden Frauen im schönen Wien“ oder „Komm Zigany“.

Doch die sparsamen und pointierten Kommentare des Mädchens, dem diese Geschichte heute erzählt wird, bieten eine andere Perspektive  und stellen einen neuen Bezug zur Zeit der Handlung her.

Diese Operette von Emmerich Kálmán ist ja bekanntlich eine Art Schlagerstadl, denn außer den erwähnten Liedern finden sich darunter auch die Evergreens „Sag ja, mein Lieb’, sag ja“, „Schwesterlein, Brüderlein“ oder der Gassenhauer „Komm mit nach Varasdin solange noch die Rosen blüh’n“. Diese Einladung des Baron Koloman Zsupán an die reiche Gräfin war die Inspiration für den Ausstatter Toto. Riesengroße blassrote Rosenblüten zieren den Bühnenprospekt vor einer Drehbühne, die einen geschickten Wechsel der verschiedenen Handlungsorte erlaubt.

Das Ballett wird zum Handlungsträger. Einerseits als tanzende Zigeuner, andererseits als dramaturgisches Element. Hochstapler Zsupan wird gleich zu Beginn als Angeber entlarvt, wenn er sich bei seinem Antrag an die Gräfin durch die Mitglieder des Balletts vervielfacht. Im Cabaret-Tempel Le Tabarin wird die Welt der 20er Jahre in einem mitreißenden Shimmy verkörpert. Wenn sich Gräfin und Graf endlich verlieben, tanzen Paare in harmonischer Walzerseligkeit auf. Das Wiener Staatsballett an der Volksoper besticht in diesen Einlagen als animiertes, lust-, schwung- und freudvolles Ensemble. Auch der Chor wird immer wieder choreografisch inszeniert und muss mittanzen.

Besonders agil und trottelig-komisch reihte sich Boris Eder als Koloman Szupán in dieses bewegte Geschehen ein. Anita Görtz spielte seine spätere Verlobte und die herzige Schwester von Tassilo mit viel Charme. Toni Slama überzeugte als intrigierender Fürst Populescu. Carsten Süss steigerte sich zwar stimmlich im Laufe des Abends, blieb aber ein eher farbloser Tassilo. Astrid Kessler sang undeutlich und konnte die Metamorphose von der arroganten Zicke zur Liebenden nicht glaubwürdig machen.

Bezüge auf das heutige Zeitgeschehen stellt Hausherr Robert Meyer als Kammerdiener Penižek her, der in großartiger, Nestroyscher Manier auch das Burgtheater zum Thema macht. Helga Papouschek war als Fürstin Božena sein köstlicher Gegenpart. Für die von ihren Ärzten jung gehaltene Lady fungiert der sprudelnde Penižek als „Mimik“.

Das Wiener Volksopernorchester unter der Leitung von Alexander Rumpf spielte Kálmáns schwungvolle musikalische Fusion aus ungarischer Volksmusik, traditionellen Operettenweisen und jazzigen Einlagen mit sehr viel Spielfreude und Tempo.

Happy End auch für die Premiere: langanhaltender Jubel im Publikum!

Emmerich Kálmán „Gräfin Mariza“, Premiere am 22. März, Volksoper. Weitere Vorstellungen: 25., 30. März, 1., 8., 16., 22. April, 11., 15. und 21. Mai 2014

 

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