Es muss genau geschaut werden, um im kulturaffinen Graz zeitgenössische Tanzkunst zu finden. Bemerkenswert und erfreulich also, wenn sich Tanzbegeisterte zusammentun, um gemeinsam etwas für die Bühne zu realisieren; gewisse Startschwierigkeiten selbstverständlich miteingeschlossen. „subsTanz“ nennt sich nun diese kleine Gruppe, „Kuckucksnest“ ihre zeitgenössische Tanzperformance.
Es muss – so manches Mal jedenfalls – sorgfältig hingesehen werden, um persönliche Probleme von Menschen zu bemerken; bei den anderen, aber sehr wohl auch bei sich selbst. Dies soll in dieser Tanzproduktion bewusst gemacht, der Umgang damit gezeigt werden. Keine einfache Zielsetzung. Aber schon anhand des Programmzettels, auf dem zusätzlich zu einigen Worten zum Inhalt themenspezifischen Zitate angeführt werden, ist das ernsthafte Bemühen um Annäherung an das komplexe Sujet spürbar.
Wenn das Licht einer Taschenlampe unsicher suchend über die dunkle Bühne gleitet und überraschend an einer, einer weiteren und an noch zwei Personen kurz hängenbleibt, diese also endlich wahrgenommen werden, ist ein griffiger Anfang gelungen. So auch beim Konzept des eigentlichen Einstiegs, bei dem in kompakten Kurzszenen die einzelnen Situationen der beispielhaften Personen angerissen werden: Recht gut im Ansatz ist die Spiegelszene und auch das unentschlossene, ausweichende Suchen in einer weiteren Szene rund um eine (haltgebende) Bank ist im runden Bewegungsfluss stimmig und nachvollziehbar. Am gelungensten im Ausdruck wie am überzeugendsten im Tänzerischen ist die thematischen Umsetzung einer Szene am Schreibtisch (und in weiteren Szenen) durch Hanna Rath, während die Rolle des Mannes als mit Muskelkraft Kämpfender, stur Anrennender, Unerreichbarer trotz guter Darstellung (Mathias Beyer) doch recht tief in die Klischeekiste abgleitet und damit zerrinnt.
Gut, dass im Folgenden zu den solistischen Teilen auch in Zweierkonstellationen thematisch nachvollziehbarer Raum gegeben wird; damit werden nicht nur einige schöne Bildern realisiert, sondern auch das eine und andere tänzerisch Gelungene; dies betrifft auch Ensembleszenen mit dem „Kontrapunkt“ des (in sich) „Gefangenen“ (freilich nur mit zugedrücktem Auge, was althergebrachte Rollenverteilung betrifft) .
Insgesamt fehlt es der Produktion vor allem noch an kreativem Mut, an choreographisch-tänzerischer Eigenständigkeit; sind doch Konzept und Gesamtchoreographie, für die Xianghui Zeng verantwortlich zeichnet, weitgehend traditionell, was – so glaubt man zu ahnen – künstlerisch nicht sein müsste.
Dem spürbaren Engagement der jungen Gruppe ist also für weitere Produktionen spielerische Entdeckungsfreude und lockererer Umgang mit ihrem jedenfalls zum Teil ausbaufähigem (Bewegungs-)Potential zu wünschen.
SubsTanz am 29. März 2019 im Kristallwerk Graz