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festwochenAbseits ausgetretener Pfade wenden sich die Wiener Festwochen von 11. Mai bis 17. Juni 2012, zusätzlich zum bewährten Programm mit etablierten Künstlern, in kulturell weniger erschlossene Regionen der Stadt vor. Der Fokus wird auf Bevölkerungsschichten gerichtet, die sonst oft stiefmütterlich behandelt werden.

 

„Into the City“, die Programmschiene für ein jüngeres Publikum, schlägt ihr Festivalzentrum in der Quellenstraße in Favoriten auf und eröffnet mit „Urban Sounds of Turkey“ – einer Mischung aus türkischer Popmusik, OrAsia, Balkan und Elektro. „Von Stadtbewohnern für Stadtbewohner“ soll das Community-Weblog-Projekt „PostIt!“ Geschichten der Bewohner entlang der Quellenstraße erzählen. Die Menschen, von denen die Geschichten handeln, sollen diese auch selbst erzählen können.

Zwischen „Künstlertheater und sozialer Skulptur“ beschreibt Luc Bondy das Programm. Das diesjährige Coverbild wurde vom Filmemacher Ulrich Seidl gestaltet, ebenso die großen doppelseitigen Bilder im Programmheft: Irritierende Bilder, die den Absurditäten der Wirklichkeit ein Gesicht geben – auf einem der Bilder sieht man eine lange Reihe sonnenhungriger, weißer Urlauber am Palmenstrand liegen. Davor ein Soldat mit Maschinengewehr und eine Trennlinie, um die schwarze Bevölkerung fernzuhalten. Mit „Böse Buben“ wird Ulrich Seidl auch ein Auftragswerk für die Wiener Festwochen in Koproduktion mit den Münchner Kammerspielen inszenieren.

Stefanie Carp stellt dem Schauspielprogramm den Namen der Lichtskulptur „Revoltage“ des indischen Raqs Media Collective voran - ein Wort, das auf Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart verweist. Das Programm beschäftigt sich mit der „Anatomie der Krise“, mit Angst, Rassismus, Protest und Revolte. „Wir wissen, dass das angebliche kulturelle Problem der Integration in Wirklichkeit eines der sozialen Gerechtigkeit ist“ sagt Stefanie Carp und: „Integration ist das aktuelle Zauberwort der politischen Mitte. Es bemäntelt die Tatsache, dass zwei Drittel der Welt von der Teilhabe an ebendieser Mitte ferngehalten werden, und gaukelt uns vor, dass diese Ausgrenzung dauerhaft folgenlos bleiben kann.“

Mit den Problemen der ungefähr zehn bis zwölf Millionen Roma in Europa beschäftigt sich Constanza Macras in ihrer Tanztheater-Produktion „Open for Everything“. Ausgrenzung, Diskriminierung und Armut gehören zum Alltag der Roma. Die Choreografin hat deren Lebensweisen, Musik und Tanzstile studiert und zusätzlich zu ihrer Kompanie DorkyPark ein Ensemble aus Roma-Musikern, Performern und Amateuren zusammengestellt.

Das Living Dance Studio aus Peking ist mit zwei Produktionen vertreten: „Memory“, in der sich die Gründerin, Tänzerin und Choreografin Wen Hui an ihre Kindheit während der Kulturrevolution Mao Zedongs erinnert. Oder „Memory 2: Hunger“, das sich mit der Großen Hungersnot in China (1959-1961) beschäftig. Während "Memory" Intimität spürbar macht, lässt "Memory 2: Hunger" die Masse Mensch im Theater wirken

Zu einem der Highlights des Programms zählt Ariane Mnouchkines Théâtre du Soleil: Im Schauspiel „Les Naufragés du Fol Espoir [Aurores] / Schiffbruch mit verrückter Hoffnung [Morgenröte]“ wird ein Bogen vom Mordkomplott an Kronprinz Rudolf quer durch das Fin de Siècle bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs gespannt. Es ist das Making-of eines phantastischen Stummfilmprojekts, dem der Kriegsausbruch in Europa ein vorzeitiges Ende bereitet.

Jenseits des Star-Rummels einer Produktion wie „Groß und klein“, bei der die gefeierte Film- und Theaterschauspielerin Cate Blanchett spielen wird, darf man auch gespannt auf das Back to Back Theatre aus Melbourne sein, eine außergewöhnliche Gruppe von Schauspielern mit Behinderungen: Sie zeigen die Europa-Premiere der Performance „Ganesh Versus the Third Reich“ in der der Hindu-Gott Ganesh nach Nazideutschland reist, um die Swastika zurückzuholen, die von Hitler als Hakenkreuz missbraucht wird. Oder auf die neue Arbeit des ungarischen Regisseurs Árpád Schilling, der am Zenit seines internationalen Erfolgs aufgehört hat, Klassiker zu inszenieren. In den vergangen Jahren untersuchte er das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen. Im in Wien gezeigten dritten Teil der Trilogie „Krízis“ arbeitet er mit 15 Jugendlichen und 3 Schauspielern mit fiktivem und dokumentarischem Material.

„Three Kingdoms“ des englischen Autors Simon Stephens wurde für Schauspieler des Lyric Hammersmith Theatre London, der Münchner Kammerspiele und des großartigen Teater NO99 Tallinn geschrieben. Die Inszenierung von Sebastian Nübling ist dreisprachig. Stephens hat ein Stück über das Böse im Menschen geschrieben, dass dieser lieber im Außen, als in sich selbst suchen möchte.

Das forum festwochen ff widmet sich ganz dem Thema Integration: Der in Wien lebende russische Performance-Künstler Oleg Soulimenko stellt neun erfolgreiche Einwanderer vor und wirft einen ironischen Blick auf die Suche nach Glück. Schauplatz der Performances ist das Kaffeehaus im Donauturm. Die Wiener Performance-Gruppe God's Entertainment hingegen eröffnet ein Integrationslager für Österreicher. Einheimische können sich von „Minderheitenphobien“ heilen lassen. „Integrationsmobile“ werden an verschiedenen Stellen in Wien aufgestellt, in denen auch Führungen stattfinden und integrationswillige Landsleute integriert werden können. Und unter der Leitung von Alexander Nikolic wird an fünf Abenden öffentlich ein Akt für die "Gastarbeiteroper revisted" geprobt, bevor die intermediale Vollversion im WUK aufgeführt wird.

Im klassischen Opernprogramm wird es Giuseppe Verdi´s „La Traviata“ unter der musikalischen Leitung des jungen israelischen Dirigenten Omer Meir Wellber und in der Regie von Deborah Warner geben. Auf die zeitgenössischen Oper „Quartett“ von Luca Francesconi, eines der erfolgreichsten italienischen Komponisten der Gegenwart, darf man gespannt sein. Sie wird unter der musikalischer Leitung von Peter Rundel aufgeführt - in der Regie von Àlex Ollé der legendären, für radikale Inszenierungen bekannten katalanischen Theatergruppe La Fura dels Baus.

Insgesamt werden die Wiener Festwochen 36 Produktionen aus 24 Ländern umfassen, schriftliche Kartenbestellungen sind ab sofort möglich.

www.festwochen.at

www.intothecity.at

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