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blackswanLediglich einen Oscar gab es für den hoch gehandelten Psychothriller „Black Swan“. Er ging an Natalie Portman für Beste weibliche Hauptrolle. Zu Recht. Ebenso rechtens ist es aber, dass es in den anderen Kategorien - Bester Film, Beste Regie und Bester Schnitt – bei den Nominierungen blieb.

„Black Swan“ hat Wellen geschlagen. Der Blockbuster hat dem Ballett einen Hype verschafft. In der Ballettwelt gab es dazu allerding geteilte Meinungen. Heinz Spoerli, Zürcher Ballettchef meinte etwa in der Zeitschrift „Blick“: „Ein total spannender Psychothriller, den ich wirklich empfehlenswert finde.“ Hamburgs Ballettchef John Neumeier fühlte sich hingegen bemüßigt den Film, „der ein billiges Ballettklischee nach dem anderen bedient“, nach seiner Deutschlandpremiere via Presseaussendung und im Hamburger Abendblatt zu kommentieren und (nicht nur) wegen seiner Sicht auf das Ballett zu verdammen.

Diese Reaktion ist typisch für eine Welt, die die Augen vor der Realität verschließt und die Probleme hinter dem Anspruch auf Ballettästhetik verstecken will. Die in dem Film angeschnittenen Probleme - Essstörungen, Zickenkrieg und der (oft durch überehrgeizige Mütter stimulierte) Perfektionstrieb - sind real und im Ballett wahrscheinlich in einem höheren Ausmaß als in anderen Berufen vertreten. Es wäre also an der Zeit, dass DirektorInnen, IntendantInnen und vor allem PädagogInnen offensiv in die Diskussion über diese Missstände einsteigen und nach Lösungen suchen. (Und freilich sind Verbesserungen bereits auf dem Weg: ExpertInnen, etwa aus den Bereichen Tanzmedizin und Physiotherapie, werden in der Tanzausbildung und in Compagnien beratend beigezogen, allerdings noch lange nicht genügend.)

Doch zurück zum Film und zu den Oscars: „Black Swan“ ist kein Tanzfilm. Er ist ein Psychothriller, der im Ballettmilieu spielt. Er bedient sich nicht nur der „billigen“ Klischees, sondern nützt auch die großartigen Bilder des Balletts für seine Erzählung in der die Ballerina Nina Sayers bei der Erarbeitung der Doppelrolle von Odette/Odile in „Schwanensee“ in einen schizophren-paranoiden Abgrund schlittert.

Natalie Portmans Darstellung der psychisch labilen Ballerina ist nuanciert und verdient einen Oscar. Der Film hingegen ist in seinem Schwenk zwischen schönen Ballettszenen und Ekel-Grusel grob gestrickt. Regisseur Darren Aronofsky hat sich nämlich nicht wirklich auf den Tanz eingelassen und ihn zum bestimmenden Faktor gemacht – wie etwa der geniale Carlos Saura in seiner „Carmen“.

Gerade in den Tanzszenen im Ballettsaal und auf der Bühne bleibt in „Black Swan“ die Kamera Beobachter von außen und vermittelt nie das Gefühl des Tanzes, das etwa Ashley Bouder, Principal Dancer am New York City Ballet in ihrer positiven Filmkritik beschreibt: das transzendierende Gefühl von Freiheit.

Aronofsky verwendet lediglich Ausschnitte aus dem Ballett und überlagert sie in schnellen Schnitten und Überblendungen mit dem Schicksal seiner Protagonistin. Das ist weder besonders originell noch erfolgreich, denn ich hatte spätestens nach der dritten Feder, die sich Nina blutig aus der Haut zieht, genug von diesen schmerzhaften Ekelszenen. Das ist "billiger" Grusel.  

Und daher hat die Academy richtig entschieden, die “Best of“ anderen Filmen zu verleihen. Ob sie mit ihrer Entscheidung auch der angerührten Ballettwelt ein versöhnliches Zeichen geben wollte, sei spekulativ dahingestellt.

P.S.: Ein amüsantes Detail am Rande: Die Figur des Choreografen (Vincent Cassel), eine manipulierende Kanaille und „spitting image“ von Jörg Heider – aber diese Lesart ist wohl österreichischen KinogängerInnen vorbehalten.

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