Der Schalk sitzt ihnen im Nacken. Die fünf erfahrenen PerformerInnen haben sich mit dieser Gemeinschaftsproduktion offensichtlich einen Herzenswunsch erfüllt. Sie tanzen, singen und erzählen, als hätten sie endlich ihre Traumrolle gefunden.
Ebenso inspiriert die Musiker Guenther Berger und Stephan Sperlich, die mit einem barocken e-Sampler eröffnen. Dann betritt Michael Dolan (jahrelanges Mitglied bei Liz Kings Tanztheater Wien und unter ihrer Direktion an der Wiener Volksoper) die Bühne und beginnt die Erzählung einer Geschichte aus dem 16. Jahrhundert. In seinem Monolog führt er die ZuschauerInnen durch den Inhalt des Protoptyps des amerikanischen Musical-Genres, „The Black Crook“. Der absurde Plot, den wir nun zu hören bekommen ist eine Mischung aus Goethes „Faust“ und Webers „Der Freischütz“ und dürfte durchaus dem damaligen Zeitgeist entsprochen haben. Immerhin brachte es das Stück nach seiner Uraufführung in Niblo’s Garden am Broadway im Jahr 1866, ein Theater mit 3200 Sitzen, auf 474 Aufführungen.
So begann also die Erfolgsgeschichte des modernen, populären Musiktheaters: Der böse, reiche Graf Wolfenstein aus dem Harz begehrt das Mädchen Amina, die wiederum den mittellosen Künstler Rudolph liebt. Helfer in Wolfensteins Werben sind die Pflegemutter des Mädchens und der Zauberer Hertzog (The Black Crook), der im Pakt mit dem Teufel steht und wieder eine neue Seele abzuliefern hat. Rudolph wird also entführt, rettet aber eine Taube, die sich als Feenkönigin herausstellt und dem bösen Spuk ein Ende bereitet und das Liebespaar vereint.
Dolan führt uns detailreich durch die dunklen Waldwege und das gespenstische Dickicht zum Treffen Hertzogs mit dem Teufel, zur Befreiung Rudolfs aus dem Gefängnis und seine Reise zum Schloss, wo er auf einem Fest seiner Seele beraubt werden soll und allen Verführungen zu widerstehen weiß.
Nach dieser Einführung, die locker die aufwändige Bühnen-Technik des Musical-Genres überflüssig macht, ist es für die Gruppe einfach, ihre absurden Assoziationen durchzuspielen. Das Publikum fügt mühelos die Fragmente der „futuristischen Performance“ zusammen. Der Teufel (Gottfarb und Deutinger) singt ein Liedchen über „you naughty man“, Maria Navarides bietet in reiner Knef-Manier ihre letzten Gedanken, als sie sich als Feenkönigin in Gestalt einer Taube dem Tod gegenüber sah („dear me“).
Im Witz des Loose Collectives erkennt man die Handschrift des Performance-Duos Alexander Deutinger / Marta Navarides. Hier wird das Musical auf die Schippe genommen, auf amüsante, trashige Art pervertiert und neu definiert. Denn die Ingredienzien der Gattung sind alle da: Liebesduette, Tanzroutinen, Melodrama, ja, selbst der Hit ist leicht auszumachen: „Heart on Fire“.
Mit „Here comes the Crook“ hat The Loose Collective einen weiteren Baustein in die Kunst der Unterhaltung made in Austria gesetzt. Sollte sich dabei gar eine „nationale“ Tendenz abzeichnen? (Siehe dazu auch: Superamas und Liquid Loft.)
The Loose Collective „Here Comes the Crook“, 11. Februar 2011 im Tanzquartier Wien