Und das, obwohl auch eine Sebnem Gülseker und ein Rainer Krennstetter, beide Solisten des Staatsballett Berlin und eine Reihe anderer bekannter Vertreter vor allem der zeitgenössischen Tanzszene am Werk sind. Doch dürfen sie ihr Können in der stilistisch unentschlossenen Choreografie nur selten ausspielen und gingen in den klamaukbesetzten Bühnenturbulenzen fast unter. Wobei nichts gegen eine turbulente, also flotte, temperamentvolle und bunte Inszenierung des „Nussknacker“ einzuwenden wäre und Schreiner in Klagenfurt im Ansatz auch in diese Richtung ging. Choreografisch wurde er dabei aber wie so viele, die sich an dem Ballettklassiker schon versuchten, Opfer der eigenen Unentschlossenheit.
Das kindlich-fantastische Märchen nach E.T.A. Hoffmann und Alexandre Dumas d. Älteren in Tschaikowskys adäquater musikalischer und Petipas/Iwanows ebensolcher Choreografie ist ein Gesamtkunstwerk seiner Zeit, das tatsächlich nicht leicht zu knacken ist. Macht man’s auf heutig, geht der Zauber verloren; macht man’s auf psychologische Deutung, ebenfalls; macht man’s auf original, braucht es die bekannten Voraussetzungen. Setzt man auf Kompromiss, muss es dennoch klare Linien und stilistische Sicherheit geben Dies gelang etwa einem Maurice Béjart in seiner umstrittenen Nussknacker-Umdeutung, in der er virtuosen Tanz wie einen Diamanten in das übrige, monumental-kitschige Geschehen einsetzte.
Schreiner sucht eine eigentlich recht enge Verbindung zum Original: Er setzt auf die Struktur des klassischen Handlungsballetts mit entsprechend viel Pantomime und auf ein weihnachtlich-romantisches Bühnenbild. Mit diesem gelang Rafail Ajdarpasic ein zauberhafter Wurf, der das gesamte Stück trägt, genauso wie – natürlich – auch das mitunter etwas derb aufspielende Kärntner Sinfonieorchester unter Michael Brandstätter. Darüber hinaus bleiben die künstlerischen Ansprüche bescheiden, die eingeführten Clowns Ping und Pong (Matteo Carvone, Andrew Pan) stellen eine zwar simple, doch kindlich-pfiffige Verbindung vom einstigen Märchen zum heutigen Tanzstück dar, alles andere bleibt auf mehr oder weniger gelungene Schickimicki-Klamauk-Karikatur in ebensolcher Ausstattung von Ariane Isabell Unfried beschränkt, gut gespielt, manchmal auch ein bisschen getanzt vom internationalen Ensemble. Unterfordert und blass bleiben Klara (obwohl fast permanent auf der Bühne) und Nussknacker: Erst beim finalen Grand Pas de deux, vorher nur für wenige Sekunden, ist die Kunst von Sebnem Gülseker und Rainer Krenstetter zu erahnen.
„Der Nussknacker“ Stadttheater Klagenfurt, 17. November 2011
Weiter Vorstellungen: 23., 25., 29. November, 1. und 3. Dezember