Janez Janša ist einer von drei slowenischen Künstlern, die 2007 im Zuge einer Protestaktion ihre Namen auf den des damals regierenden Premierministers (2004-2008) und jetzt gerade wieder an die Macht gekommenen Janez Janša geändert haben. Der Regierungschef hatte damals die Einflussnahme der Politik auf die Medien massiv verschärft.
2010 war der Künstler Janez Janša, der vor seiner Namensänderung Emil Hrvatin hieß, mit den anderen beiden slowenischen Künstlern, die ihre Namen geändert haben (Davide Grassi und Žiga Kariž), mit der Produktion „The More of Us There Are, The Faster We Will Reach our Goal!“ im Wiener Brut zu Gast. Die dokumentarische Performance führte die Zuschauer durch den amtlichen Akt der Namensänderung und die verschiedenen Stationen des Kunstprojekts, das die reale Geschichte der drei Künstler thematisierte.
Auch in seiner nun im Tanzquartier gezeigten Performance „Who is next?“ will die Kunst nicht auf der Bühne „verbannt“ bleiben. In seiner politischen Performance fragt der Künstler nach der Verantwortung jedes Einzelnen: Unzählige Namen werden von den PerformerInnen mit Kreide auf den Boden geschrieben. Manche sind uns aus dem öffentlichen Leben bekannt, auch aus der österreichischen Politik, aber vor allem sind es Namen zahlreicher unbekannter Menschen verschiedener Herkunft. Man beginnt seinen eigenen Namen zu suchen, denn im Foyer wurde man angehalten, seinen Namen für die Verwendung in der Performance in eine Liste einzutragen. Ahnend, dass man sich an diesem Abend vielleicht nicht unbemerkt und unbehelligt in seinen gepolsterten Stuhl zurücklehnen wird können.
Die Performance startet mit Provokationen und Fragen, die einem persönliche Grenzen bewusst machen: Ob man je von Zorn überwältigt gewesen sei? Ob man je Lust gehabt hätte, jemanden zu schlagen, mit einem Baseballschläger, oder nein, dem europäischen Kulturkreis mehr entsprechend, mit einer Brechstange, die man bei Baumax zu diesem Zweck erstehen würde. Die Gedanken werden ohne Aussparungen bis zum brutalen Ende gesponnen. Deutlich fühlbar wird damit eine Grenze überschritten. Selbst wenn es nur Phantasien sind, erscheinen sie vermutlich den meisten gut erzogenen, zivilisierten Mitteleuropäern in hohem Maße zensurwürdig. Auch die Zeit nach der Gewalttat könne man sich vorstellen: wenn man sein Bild auf der Titelseite von „Heute“ findet. Ob man jemals gewünscht habe, man wäre ein Dirty Harry, Superman, Terminator, Peter Pan, frei von Grenzen? Ob man die Zivilcourage habe, zu tun, was getan werden soll. Die PerformerInnen gurgeln chorisch mit einem Schluck Wasser die Bundeshymne, bis es Zeit wird auszuspucken.
Aber wie steht es mit den Möglichkeiten, durch Kunst zu handeln? Und wer entscheidet, was gezeigt wird und in den Kanon des „Erinnerungswürdigen“ aufgenommen wird? Zumal Kunst ja auch im ökonomischen System verortet ist. Jetzt kommt die Steuerung von Kunst und Kultur ins Spiel, wenn drei Entscheidungsträger renommierter Institutionen, wie etwa Walter Heun, der künstlerische Leiter des Tanzquartiers, ihre Listen der von ihnen gehosteten zeitgenössischen Künstler aufzählen.
Die Performance entlässt uns nicht mit Handlungsanleitungen oder Lösungen, lässt uns am Ende ohne Antworten und ganz „alleine“ den Weg durch den demokratischen „Dschungel“ bahnen. Jede/r im Publikum muss seine eigenständige, persönliche Entscheidung treffen – vielleicht als einen ersten Schritt, Selbstbestimmtheit zu „üben“. Das gilt auch für die Performance selbst, die ein „Stück ohne Schluss“ bleibt: Den Zeitpunkt, Abschied zu nehmen, muss jeder Besucher nach eigenem Ermessen festlegen.
Janez Janša: "Who is next?" im Tanzquartier Wien am 27. Jänner 2011