Fabrice Lambert erforscht in seinen Stücken – zuletzt in „Solaire“ – Bedingungen körperlicher Bewegung. Im neuen Stück „Faux Mouvement“ geht es ihm um die Möglichkeit „Falscher Bewegung“. Vier TänzerInnen zeigen gewöhnliche, natürliche und manierierte, künstliche Bewegungen.
Gibt es richtige und falsche Bewegungen und wie entstehen sie? Kann der Zufall gesteuert werden? Was ist wahr und was ist falsch? Das sind Fragen die der französische Choreograf und Tänzer Fabrice Lambert nicht nur sich und seinem Team (Madeleine Fournier, Hanna Hedmnan und Stephen Thompson) stellt, sondern auch dem Publikum.
Wieder einmal muss ein Philosoph – diesmal der 80jährige Paul Virilio, Heros der 1980er Jahre – herhalten, um den Tanz in den Kopf zu heben, ihm Sinn und Interpretationshilfe zu geben. Und schon wird die Performance staubtrocken, grau wie alle Theorie. Auch der Ausgangspunkt Lamberts: Gibt es richtige und falsche, wahre und unwahre Bewegungen, ist nicht ganz nachzuvollziehen.
Wer darf denn bewerten, was richtig und was falsch ist? Oder auch wer darf sichere Aussagen über wahr und unwahr treffen? Überdies: Auf der Bühne sind alle Bewegungen richtig. Oder falsch.
Die vier TänzerInnen leisten eine Stunde lang präzise Bewegungsarbeit, rennen und stoppen, verkrampfen die Gliedmaßen, bauen sonderbare Figuren, hüpfen, wippen, strampeln, erstarren zu drolligen Monumenten und verschwinden schließlich in einem grünen Tunnel, das eine Filmeinspielung vorgaukelt. Ohne wirklich erkennbaren Zusammenhang sind auch davor schon einige Videos (von Yann-Loïc Lambert) auf der großen Leinwand zu sehen, manche zeigen Texte in Morsezeichen, andere Tapetenmuster. Sie mildern etwas den trockenen Bewegungsvortrag der exzellenten TänzerInnen, bringen, wie auch das Sound-Design, Abwechslung in den Ablauf der natürlichen und künstlichen Bewegungen.
Eine Zeitlang sehe ich den vier fasziniert zu beim „Figurenreißen“, bald aber erlahmt das Interesse und ich würde Monsieur Lambert gerne fragen, warum er sein famoses Team statt für „Recherche“, „Forschung“, „Philosophie“ und „Fragen ans Publikum“ einzusetzen, nicht einfach sich bewegen, tanzen lässt.
Die Verwechslung der Bühne mit einem Forschungslabor macht mich müde. Dass ich an diesem Abend nicht allein erlahmt bin, zeigte der ungewöhnlich flaue Applaus.
„Faux Mouvement“, Tanzquartier, 23.3. 2012