Das britische Electropop-Duo Pet Shop Boys hat für das Märchen von Hans Christian Andersen „Das Unglaublichste“ erstmalig Ballett-Musik geschrieben. Die Choreographie stammt von Javier De Frutos. Und die Rolle des bösen Schurken Karl wurde Ballettstar Ivan Putrov auf den Leib geschrieben.
Das Tanzspektakel um ein Königreich, in dem der König einen Wettbewerb ausruft, hatte am 13. April Österreich-Premiere im Festspielhaus St. Pölten. Wer das Unglaublichste im ganzen Land erfindet wird belohnt: mit der Hand der Tochter und dem halben Königreich. Man ahnt bereits: Das kann noch problematisch werden!
Zuerst sieht es noch gut aus: Die von Clemmie Sveaas großartig getanzte Prinzessin hat sich schon einen begabten sympathischen Erfinder (Leo) auserkoren, der - so ihr Plan - auch ihr Herzblatt werden soll. Bloß die kreative Idee lässt noch auf sich warten! Dem schaffen – wie es in Märchen manchmal passieren kann - flugs drei tanzende Musen Abhilfe, die dem jungen Mann die Inspiration für eine magische Uhr ertanzen - und sich dabei ganz wie in Balanchines „Apollo“ um ihn scharen: eine Uhr, die zwölf Wunder des Lebens offenbart. Unter anderem ein von einer Tänzerin betanztes nachgebildetes Klavier – das stellt das Wunder der Tonleiter da. Oder eine in einer großen "Universums-Uhr" gespiegelte „Moses-und-die-Zehn-Gebote“-Choreografie. Manches bleibt freilich recht plakativ: wenn die Tänzerinnen Schriftzüge wie „Adam“ und „Eva“ auf ihren Leggins haben. Durchaus gelungen: Das zwölfte Wunder, das Menschen ehrt, die Unglaubliches vollbracht haben. Und so werden - im Zehntelsekundentakt – auf einer Leinwand 300 Namen eingeblendet: Neil Armstrong, Oscar Wilde, Pina Pausch, John F. Kennedy, Quentin Tarantino, Mahatma Gandhi u.v.m.
Es wäre zu schön, um wahr zu sein: Der von der Prinzessin erwählte begabte Erfinder wäre auch des Königs Wahl. Doch der böse Schurke Karl zerstört die magische Uhr. Dieses Kunstwerk zu zerstören, sei das Unglaublichste, befinden nun die Richter. So gewinnt Karl die Hand der Tochter und das halbe Königreich. In den Szenen der Hochzeitsvorbereitungen der Braut beziehungsweise des Bräutigams zitiert Javier de Frutos aus Bronislava Nijinskas „Les Noces“. Elend und Brutalität unter dem neuen Herrscher werden in eindrucksvollen Bildern gezeigt, für die die Tony-Award-Gewinnerin Katrina Lindsay und der Filmemacher und BAFTA-Preisträger Tal Rosner verantwortlich zeichnen. Blutrot färbt sich die Bühne, die Plackerei der Bürger wird immer schlimmer.
Doch die drei Musen schlafen nicht: Sie retten den gefangenen Leo und stellen die wundersame Uhr wieder her. Leo und die Prinzessin heiraten und leben glücklich bis ins hohe Alter. Allzu viel Tiefgang durfte man nicht erwarten, dafür gab es an diesem Abend aber auch nichts schwer Verdauliches im Magen.
„The Most Incredible Thing“, gesehene Vorstellung am 14. April 2012 im Festspielhaus St. Pölten