Im Quartett feierte die in New York lebende österreichische Tänzerin in Wien-Perchtolsdorf den Beginn einer Europa-Tournee Die Performance, aufgeführt im Studio Maar, ist eine lang erprobte Improvisation, die ebenso durch fließende Exaktheit wie durch die individuelle Ausdruckskraft der Mitwirkenden faszinierte.
Melanie Maar ist in Wien keine Unbekannte. Erst im Vorjahr ist sie mit ihrer Arbeit „Spaces and Bones“ gemeinsam mit dem Multimedia-Künstler Kenta Nagai beim sommerlichen ImPulsTanz Fetival aufgetreten. Ihre und ihrer KollegInnen neueste (Gruppen-) Arbeit zeigte sie im Tanzstudio ihrer Mutter, Gertraud Maar, bei der sie auch ihre Tanzausbildung begonnen hat.
Zwei Tänzerinnen (Maar und Rachel Bernsen) und zwei Musiker (Abraham Gomez-Delgado, Taylor Ho Bynum) stehen ruhig am Rand der Bühne, warten bis sich eine(r) der Vier löst und ein Solo beginnt. Es ist Rachel Bernsen, die den Anfang macht, dann folgt ihr Gomez-Delgado, zupft ein wenig auf der Elektrogitarre. Bernsen gesellt sich zu ihm, ein zärtlicher Kampf beginnt. Die beiden bewegen sich miteinander und gegeneinander. In fließendem Wechsel erhalten alle, auch die beiden Musiker, die Chance als Solisten aufzutreten (oder auf dem Boden zu rollen), mit den anderen zu interagieren, sich dem Rhythmus der Töne (Musik gibt es keine, doch die Musiker spielen als Solisten, stehend, sitzend, liegend, ihre Instrumente – Gitarre, Rhythmuselemente, eine kleine Trompete –, mischen sich zwischen die Tänzerinnen, die sich wiederum hie und da ein Instrument angeln, dann trennen die Vier sich wieder voneinander. Als dominantes Requisit wirkt auch eine Affenmaske mit, die jeweils von einem / einer der Mitwirkenden aufgesetzt wird. Im Mittelpunkt stehen die eindrucksvollen Soli von Melanie Maar, die durch ihre elegante, präzise Körpersprache begeistert und bei aller Abstraktheit der Performance, auch plastische Miniatur-Geschichten erzählt.
Das Kollektiv arbeitet seit einem Jahr gemeinsam, so verschwimmen die Grenzen zwischen geprobter Choreografie und improvisiertem Ablauf, ohne dass die Eigenheiten der sich ebenfalls in Bewegung befindenden Musiker und der beiden Tänzerinnen verloren gehen.
Gegen Ende erklingt sogar eine Melodie, Gomez-Delgado holt sie aus der Gitarre hervor, Ho Bynum assistiert als Sänger. Dann fällt ihnen ein, die aufgebaute Musikbatterie samt Lautsprechern zu verschieben und am anderer Stelle der Bühne wieder aufzubauen. Bald schließen sich auch die Tänzerinnen der fröhlichen Übersiedlung an. Melanie Maar lässt sich mit einem Teppich (vermutlich als Abdeckung der Instrumente vorgesehen) zur Königin krönen. Licht aus. Applaus. Verbeugung. Beim nächsten Mal, in Rotterdam oder in London, wird alles anders sein.
Quartet Collective, 21. Juni 2012, Tanzstudio Maar