Oleg Soulimenko und Andrei Andrianov, zwei russische Künstler in Österreich, wollen ein Stück schaffen und sind ratlos. Also holen sie sich Hilfe von renommierten KünstlerkollegInnen. Bitten um einen Anfang, einen Mitte, ein Ende. Der Trick klappt. Eine komische, tiefsinnige, präzise Performance zweier achtsamer, reifer, kluger Künstler ist entstanden.
Dass die beiden Performer den Dialog der beiden Provinz-Mimen im Schminkraum (Autor: Helmut Qualtinger) kennen, ist nicht anzunehmen. Dennoch erinnert der Anfang ihres neuen im brut uraufgeführten Stückes fatal daran. Oleg und Andrej bereiten sich, für das Publikum unsichtbar, auf ihren Auftritt vor. Sie wissen (noch) nicht, wie sie beginnen sollen. Russisch oder Deutsch? Westlich oder östlich? Mit Wodka oder ohne? Oleg, der ernsthafte, hängt an der Heimat, Andrej, der fesche, an den Groopies.
Die Idee für diesen Anfangs-Dialog über die Schwierigkeiten ein Stück zu beginnen, über Klischees, die das Russlandbild prägen und den Unterschied der Kulturen, stammt vom vielseitigen österreichischen Künstler Markus Schinwald. Er ist nicht der einzige, der das Angebot der beiden Performer, Soulimenko und Andrianov, Ideen für ihre Performance beizusteuern, angenommen hat. Steve Paxton hat die Mitte konzipiert, Meg Stuart entwarf das Ende. Auch Robert Steijn (mit Frans Poelstra „United Sorry“) und Janez Jansa (Deckname für drei slowenische Künstler, die die Identität des slowenischen Ministerpräsidenten angenommen haben, um in Performances und Ausstellungen Kritik an demokratiefeindlichen Systemen zu üben) sind an der einstündigen Performance unsichtbar beteiligt, Sichtbar sind die Videosequenzen von Jan Machacek, die Kostüme von Anke Philipp und die Objekte von Bartholomäus Kinner.
Zwei Fragen hatten Oleg und Andrej an die KünstlerInnen: „Wie entsteht ein gutes Stück?“ und, etwas komplizierter: „Worauf zurückgreifen, wenn Kunst und Kultur dort, wo sie herkommen, jahrzehntelang von hier, wo sie nun leben und arbeiten, durch einen Eisernen Vorhang getrennt waren?“ Eine Frage, die Soulimenko auch in anderen Stücken bereits formuliert hat. Immer wieder sucht er nach den kulturellen Prägungen der Kunst, der Performance aber auch der anderen Künste in Ost und West und was für die Nachfahren davon übrig bleiben wird.
Auch wenn im letzten Akt „Oleg und Andrei den Mysterien des Universums begegnen“ und der metallene Kegel im Zentrum des von den beiden in sichtbarer Ratlosigkeit umher geschleiften „Objekts“ zu glühen beginnt, ist nicht sicher, dass die beiden Performer die Antworten auf ihre Fragen gefunden haben. Sie sind verschwunden, einsam glüht der Kegel in Rot.
Das Publikum hebt nicht ab, bleibt auf Erden und hat eine präzise durchdachte, exzellent ausgeführte Performance mit Esprit und Ironie und der beiden Künstlern eigenen Selbstdistanz, fern von jeder Selbstverliebtheit erleben dürfen.
Oleg Soulimenko & Andrei Andrianov: „Old Chaos, New Order“, gesehen am 8.12. im brut. Vorstellungen noch am 11.und 12, Dezember.