Makabrer Tanz mit dem Tod. Jan Fabre hat seinem langjährigen künstlerischen Wegbegleiter Antony Rizzi eine Totenmesse auf den Leib geschrieben: „Drugs Kept Me Alive“ ist so etwas wie ein vom Portraitierten selbst gespielter Nachruf. Gleichzeitig aber ist die Performance von Rizzi - der jahrelang auch als Solist bei William Forsythe am Ballett Frankfurt getanzt hat - ein Plädoyer für das Leben, das auf der Bühne mit durchscheinenden, fragilen, glitzernden Seifenblasen symbolisiert wird, die, ehe man es sich versieht, zerplatzen.
Der Theater-Tanz-Monolog von Jan Fabre, seine Hommage an Antony Rizzi, beschreibt diesen als einen Sterblichen, der mit seinen Exzessen und seinen Süchten immer einen Schritt vor dem Abgrund steht, beziehungsweise auf ihm zu tanzen scheint. Sein Tanz und sein Leben bewegen sich zwischen Schmerz und Euphorie. Er will aus seinem Körper maximale Empfindungen generieren und sich jedem physischen oder psychischen Experiment hingeben, um seinem Perfektionismus zu frönen.
In der Drogenküche brodelt es, Rizzi mischt allerlei Substanzen in einer Schüssel zusammen, es dampft, eine schimmernde Blase entsteht. Als sie zerplatzt, bleibt nur Nebel übrig, der an den Rändern des Tisches hinab auf den Boden läuft. Am Bühnenrand befinden sich unzählige Arzneifläschchen aufgereiht, deren Inhalte der Performer in sich hineinschüttet, um sie hemmungslos, bis zum Masochismus, wieder herauszutanzen. Schonungslos erzählt er dabei sein Leben, von seiner Tanz-Sucht, seiner Sucht nach Perfektion, seiner Sex-Sucht, seiner Sucht nach Liebe, seiner begrenzten Aufmerksamkeitsspanne, seinen Orgasmen – und seiner HIV-Positiv-Diagnose. Dabei vollführen seine Bewegungen und sein Tanz alle Momente des Rauschzustandes, den er in seinem Leben gesucht hat: die große Empfindsamkeit, die Risikofreudigkeit, die Leichtigkeit, die Geschmeidigkeit, aber auch das Zucken, die Krämpfe, wenn die Drogen ihre zerstörerische Wirkung entfalten und die Schmerzen, wenn die Wirkung nachlässt. Momente großer Klarheit wechseln mit rauschhaftem Wahn, all das, was ihn und sein künstlerische Schaffen ausmacht.
Jan Fabre und Antony Rizzi haben ein schonungsloses, makabres Künstler-Portrait geschaffen. Zwischen Lebenssucht und Todessehnsucht angesiedelt, rührt es an Tabus, lässt Beklemmung und Fragen zurück, wie sie Fabres Arbeiten oftmals begleiten: Hier wird das Leben von Antony Rizzi als künstlerisches Experimentierfeld herangezogen und schonungslos von ihm selbst portraitiert. Heftiger Applaus.
Troubleyn/Jan Fabre & Antony Rizzy “Drugs kept me alive”, 2. August 2013, Schauspielhaus, www.impulstanz.at