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entleinMit einem Doppelprogramm feierte das Wiener Staatsballett seine erste Premiere dieser Saison an der Volksoper. Die speziell für Kinder konzipierte „Märchenwelt Ballett“ hinterlässt einen durchaus zwiespältigen Eindruck. Andrey Kaydanovskiy bestätigte mit „Das häßliche Entlein“ sein choreografisches Talent, während die Ästhetik von „Tausendundeine Nacht“ von Vesna Orlic fest im 19. Jahrhundert verankert ist und einem vergangenen Ballettimage huldigt.

Drei Eier hat Mutter Ente (Rebecca Horner) gelegt, die sie mit großer Sorgfalt hütet. Aus ihnen schlüpfen zwei flauschige gelbe Küken. Die kullern in ihrer Tollpatschigkeit ganz putzig herum, aus dem dritten Ei entsteigt ein zerzaustes graues Wesen (László Benedek). Nach anfänglichem Befremden nimmt Mutter Ente natürlich auch dieses missratene Kind unter ihre Fittiche. Wäre da nicht die Geflügelgemeinschaft und der gestrenge Anführer, der Truthahn, der den Außenseiter aus der Kommune verbannt. Allein gelassen trifft das hässliche Entlein nun auf zwei Wildenten, die einem Jäger zum Opfer fallen, dann landet es im Haus einer alten Frau, die es ebenso zu ihrem Diener machen will wie das ihr Huhn und ihre Katze bereits sind. Doch das Entlein lässt sich derlei nicht bieten, setzt die Alte mit einem Trick außer Gefecht und wird umgehend des Hauses verwiesen. Wieder ist es allein und einsam, doch da passiert die Verwandlung: Das zerrupfte Wesen mausert sich zu einem edlen Schwan und wir von einer Gruppe seinesgleichen freudig und mit viel Tamtam aufgenommen. Andrey Kaydanovskiy erzählt das Anderson-Märchen mit einer geflügel-affinen Tanzsprache, Enten und Konsorten flattern in den bezaubernden Kostümen von Karoline Hogl aufgeregt herum. Doch bei allem Witz und Tempo, wird die Choreografie nicht zum Klamauk. Denn Kaydanovskiy vermag mit seiner Geschichte zu berühren ohne dabei sentimental zu werden. Das Schicksal des Außenseiters geht ans Herz, besonders in der Beziehung zur Mutter und in den Moment unvorstellbarer Einsamkeit. Spätestens wenn am Ende die Entenmutter ihr Kind im edlen Schwan wiedererkennt und sich die beiden sehnsuchtsvoll ansehen, dann wird klar, dass der junge Choreograf sowohl Kinder als auch Erwachsene anzusprechen weiß. Die Musik, „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski, unterstützen die Szenenwechsel ebenso kongenial wie die emotionalen Veränderungen (die musikalischen Abschnitte wurden den choreografischen Bedürnissen entsprechend anders gereiht), die von den SolistInnen und dem Ensemble ausdrucksstark interpretiert werden.

Gebrauchsanweisung für den Tanz. In der Choreografie „Tausendundeine Nacht“ bleibt die emotionale Ebene ausgeklammert. Vesna Orlic vertraut nicht auf die Kommunikationskraft ihrer Choreografie sondern lässt die einzelnen Abschnitte der Geschichte über Prinzessin Budur (Rebecca Horner) und Aladin (Felipe Vieira) vorab vom guten Lampengeist (Boris Eder) erzählen. Dadurch gerät der Tanz zur nachträglichen Illustration des Textes, wobei sich der Stil am Ballett des 19. Jahrhunderts und an der ästhetischen Orientalik à la „Bayadère“ orientiert. Die Fantasie (des jungen Publikums) wird dabei nicht mehr gefordert, denn die nonverbalen Aktionen sind ja zuvor schon ausgiebig erklärt worden.

Das Orchester musiziert bei Nikolai Rimski-Korsakows „Scheherazade“ ebenso unanfechtbar wie zuvor bei Mussorgski. Der Dirigent Guido Mancusi und das Orchester dürfen sich  daher am Ende über besonders enthusiastischen Publikumszuspruch freuen.

Wiener Staatsballett: „Märchenwelt Ballett“, Premiere am 19. Oktober 2013 in der Wiener Volksoper. Weitere Vorstellungen: 26., 29. Oktober, 23., 24., 29. November, 17. Dezember.

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