Knapp vor der letzten Vorstellung des wundersamen Balletts „Blaubarts Geheimnis“ bekommt der abgründige Titelheld eine neue Judith. Eszter Ledán, hat ihre Feuerprobe bestanden und der Rolle ein neues Gesicht gegeben. Ensemble und SolistInnen ließen auch in dieser Vorstellung keine Müdigkeit aufkommen.
Obwohl bei Tag bereits für die nächste Premiere in der Staatsoper heftig probiert wird, tanzen Ensemble und SolistInnen bei der Abendvorstellung voller Energie und Konzentration. Allein das ist Grund genug für den heftigen Applaus, der diese vorletzte Vorstellung des Balletts von Stephan Thoss zur Musik von Henryk Górecki und Philip Glass bedankte.
Eszter Ledán, erst kürzlich zur Halbsolistin ernannt, tanzte zum ersten Mal die Judith und gab damit dem zweiten Akt des Stückes eine neue Atmosphäre. Zierlich und weich, ist sie eine kindliche Judith, die ihrer Liebe zu dem geheimnisvollen, auch brutalen Mann (Kirill Kourlaev bleibt bis zum guten Ende ein unzugänglicher, recht harter Mann) nicht so sicher ist. Zwar zieht sie ihn durch die Tür zum letzten, erschreckenden Geheimnis, aber ob sie wirklich weiß, was sie da tut, ist nicht sicher. Thoss’ gestenreiches eindrucksvolles Bewegungsvokabular wird durch Ledáns geschmeidige Bewegungen einer klassischen Ballerina etwas aufgeweicht, ist aber nicht minder eindrucksvoll. Offenbar kann Blaubarts Panzer auch durch unentschlossene Sanftheit geschmolzen werden. Andrey Kaydanovskiy als Blaubarts Alter Ego und Rafaella Sant’Anna als possessive Mutter sind in bewährter Präzision präsent und auch das Ensemble (Ioanna Avraam neu in den Visionen des 2. Teils) zeigt, technisch perfekt und erfrischend, dass es ein echtes Geschenk ist, Stephan Thoss’ 2011 uraufgeführte Tanztheater im Wiener Repertoire zu haben. Das Glück wird durch Wolfgang Ott, den Dirigenten der Uraufführung, der auch die Volksopernvorstellungen begleitet, vervollständigt, wenn er mit sanftem Taktstock Klangfülle in Forte und Piano aus dem Orchestergraben lockt.
„Blaubarts Geheimnis“, Ballett von Stephan Thoss, Volksoper, 12. November 2013.
In der selben Besetzung findet auch die letzte Vorstellung in dieser Saison statt: 20. November in der Volksoper statt.